vom verfertigen einer regierungserklärung
: Teil 3: Alle helfen mit: Einigung beim Kündigen. Und was macht Frau Merkel?

Kleinbetriebe dürfen wachsen und weiter kündigen

Nein, es ist keine Ein-Mann-Aktion, der Auftritt Schröders heute im Bundestag. Alle machen mit: Gestern etwa durfte sein Wirtschaftsminister Wolfgang Clement schon mal vorverkünden: der Kündigungsschutz ist im Kasten. Unter „tätiger Mithilfe des Kanzleramtes“, ließ man dazu verbreiten, damit klar ist: alles ist Schröder vor dieser Regierungserklärung.

Die wundersame Einigung hat auch einen wundersamen Inhalt: Ein Kleinstbetrieb mit weniger als sechs Mitarbeitern fiel bisher nicht unter den Kündigungsschutz. Sobald der sechste eingestellt wurde, befristet oder unbefristet, galt für alle ein verbesserter Kündigungsschutz. Clement und Müntefering nun wollen das unbegrenzte Wachstum der Kleinstbetriebe – ohne verbesserten Kündigungsschutz. Wenn der sechste, siebte oder achte Mitarbeiter befristet eingestellt wird, zählen diese Mitarbeiter nicht mehr mit. Das Unternehmen fällt immer noch nicht unter den Kündigungsschutz. Theoretisch könnte ein Kleinstbetrieb hunderte solcher Einstellungen vornehmen, erläuterte Clement. Und Franz Müntefering? „Volle Übereinstimmung“, tönte er gestern. Wenn das mal kein Missverständnis war. Die Gewerkschaften dagegen sind nicht einverstanden. Die sonstigen Gerüchte verdichten sich mittlerweile zu Sätzen, deren Sinn sich nur Eingeweihten erschließt: „Schließlich sollten Beschäftigte künftig bei Kündigungen zwischen einer gesetzlichen Abfindung und einer Klage wählen können“, so Reuters gestern.

Ein bösartiges Kalkül unterstellten dem Kanzler unterdessen die Unionsländer. Heute um 9.30 Uhr tritt nämlich der Bundesrat zusammen, um Hans Eichels mühsam erarbeitetes Steuergesetz abzulehnen. Niemand wird sich dafür interessieren. Um 9.00 Uhr nämlich startet Schröder im Bundestag. Die unionsregierten Länder sind sicher, dass diese Koinzidenz kein Zufall ist, schließlich habe Schröder seine Rede später angemeldet.

Besonders bitter für die Unionsländer im Bundesrat: Noch nicht einmal ihr wichtigster Ministerpräsident erscheint. Denn Bayernchef Edmund Stoiber muss selbstverständlich auf den Kanzler antworten. Der soll überboten werden. Da heißt es radikal sein. Er wolle, dass der Kündigungsschutz erst bei Betrieben mit mindestens 20 Mitarbeitern gelten soll, heißt es. Da hat Clement mit seinen hundertköpfigen Kleinstbetrieben ihm schon wieder den Rang abgelaufen. Wer weiß, heute hängt Herr Stoiber viellicht noch eine Null dran, an die 20. Das Arbeitslosengeld will er generell auf ein Jahr begrenzen – Schröder dagegen wollte nur bei den ganz Alten die Bezugsdauer leicht kürzen, so die Gerüchteküche. Die Sozialhilfe bei Arbeitsfähigen will Stoiber auf 75 Prozent kürzen, um ihre Bereitschaft zu steigern, eine Beschäftigung anzunehmen. Maximale Bestrafung der Arbeitslosen also. Denn wo sich noch freie Jobs finden lassen, steht in Stoibers „Sanierungsplan“ samt „Akutprogramm“ nicht drin. Die Gewerkschaften sollen den Unternehmen nicht mehr reinreden, wünscht der Bayernchef: Haustarifverträge sollen nach seinem Willen ohne Zustimmung der Gewerkschaften abgeschlossen werden können. Warum der Bayernchef nicht nur Herrn Schröder antwortet, sondern gleich noch Sanierungspläne entwickelt, als sei er der natürliche nächste Kanzler, verrät die Union noch nicht. Klar ist nur, dass mit Angela Merkel weder „Akutprogramm“ noch „Sanierungsplan“ abgestimmt sind. Beim Arbeitslosengeld ist sie etwa viel eher auf Schröder- als auf Stoiberlinie. Sie bemerkte gestern nur trocken, es gälten die Beschlüsse der Unionsfraktion. Hm. OES/UH