: Investition in die Zukunft
In Köln zeigen sich die Initiatoren der Volksinitiative gegen Kürzungen bei der Offenen Jugendarbeit vom Ergebnis der NRW-weiten Unterschriftensammlung „überwältigt“
KÖLN taz ■ Nach acht Wochen Unterschriftensammeln ist gestern Abend die Volksinitiative „Jugend braucht Zukunft“ in Nordrhein-Westfalen zu Ende gegangen. Noch bis 18 Uhr konnten die Kölnerinnen und Kölner in acht Bürgerämtern der Stadt mit ihrer Unterschrift gegen Kürzungen der offenen Jugendarbeit protestieren.
Die Initiatoren der Arbeitsgemeinschaft Haus der Offenen Türen NRW (AGOT NRW) zeigten sich von der Resonanz der Bürger „überwältigt“. „So etwas Bombastisches hat es noch nie in der deutschen Nachkriegsgeschichte gegeben, nicht einmal in der Jugendzentrumsbewegung der Siebzigerjahre“, sagt Norbert Hubweber, Referent der Landesarbeitsgemeinschaft katholischer offener Kinder- und Jugendarbeit in Köln. Trotz – oder gerade wegen – des unerwarteten öffentlichen Erfolges werden jedoch Stimmen laut, die den Sinn der Volksinitiative in Frage stellen.
Insgesamt rechnen die Initiatoren mit einem Endergebnis von 100.000 Unterschriften in Nordrhein-Westfalen. Allein in Köln sind bis zum Dienstag 7.578 Bürger in die Bürgerämter geströmt, um ihr Votum abzugeben. „66.000 Stimmen, also 0,5 Prozent aller Wahlberechtigten, hätten schon gereicht, damit sich der Landtag mit dem Ansinnen beschäftigt. Wir haben voraussichtlich sogar 0,9 Prozent der Menschen überzeugt“, so Sprecherin Ella Buresch von AGOT NRW. Die gesammelten Unterschriften würden dem Innenministerium übergeben, das bis zum 6. März das Verfahren zu prüfen habe. „Dann beginnt die Frist von sechs Monaten, in der sich der Landtag damit beschäftigen muss, so Buresch. Ziel von AGOT NRW ist die Verabschiedung eines Jugendförderungsgesetzes durch den Landtag. Das Kinder- und Jugendhilfegesetz des Bundes lege dem Land nahe, nähere Regelungen zu treffen. „In NRW ist aber bis jetzt nichts passiert“, konstatiert Buresch. „Kinder- und Jugendhilfe muss in Zukunft gesetzlich verankert sein.“
Thorsten Sterk von Mehr Demokratie e.V sieht den Erfolg von „Jugend braucht Zukunft“ allein in der öffentlichen Resonanz. Das Instrument selber halte er jedoch für unzureichend: „Es ist zwar ein riesiger Erfolg für die Initiatoren, angesichts der Schwierigkeit des Verfahrens überhaupt diese Zahl der Unterschriften zusammenzubekommen. Aber in Anbetracht der geringen Folgen, die eine Volksinitiative mit sich bringt, kann einem das Engagement fast schon Leid tun“, meint Sterk. Seiner Ansicht nach müsse das Instrument dringend überarbeitet werden, da es von der Anlage eine Fehlkonstruktion sei.
Sterk fordert eine freie Unterschriftensammlung, die beispielsweise in der Kneipe oder am Küchentisch stattfinden könne, keine Eintragungsfrist und die Senkung der Abstimmungsquote. „30.000 Unterschriften sollten reichen, gerade weil die Volksinitiative nur geringe Folgen hat.“ Thorsten Sterk befürchtet, dass das Anliegen in „irgendwelchen Ausschüssen“ verschwindet. „Und wie transparent die sind, wissen wir ja.“ KIRSTEN PIEPER