Glück für die Großen

Deutschlands Verleger billigen den Entwurf zum neuen Fusionsrecht. Damit wird sich die Konzentration auf dem Zeitungsmarkt deutlich beschleunigen

VON STEFFEN GRIMBERG

Bei Holtzbrinck darf schon mal der Sekt kalt gestellt werden: Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) hat sich „im Grundsatz“ hinter die Neufassung des besonderen Kartellrechts für die Presse aus dem Haus von Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) gestellt, die dem Stuttgarter Konzern doch noch den Durchmarsch im Berliner Zeitungsmarkt ermöglicht. Und auch der Axel Springer Verlag ist jetzt offenbar bereit, eine Fusion von Tagesspiegel und Berliner Zeitung hinzunehmen. Wenn das neue Pressekartellrecht wie geplant im März Gesetzeskraft erlange, sei „klar, dass wir mit Blick auf den Berliner Markt Nachteile in Kauf nehmen müssten“, so Springer-Sprecherin Edda Fels zur taz. „Dafür ergeben sich aber auch für Springer bundesweit neue Möglichkeiten.“

Und wie: Denn nach dem Clement-Entwurf könnten Verlage künftig ohne Beschränkung Titel zukaufen, auch wenn sie damit eine marktbeherrschende Stellung erlangen. Genau dies soll das bisher gültige Pressefusionsrecht eigentlich verhindern. Einzige Bedingung bei der Neufassung ist, dass alle Zeitungen redaktionell unabhängig voneinander weitergeführt würden und ein Viertel der Anteile beim Verkäufer blieben oder an einen anderen Minderheitsgesellschafter gingen. Dieser soll außerdem die Rechte am Titel der Zeitung behalten und bei der redaktionellen Richtung mitreden dürfen.

Diese Vorschriften sind für den Holtzbrinck-Konzern, der massiv auf die Neufassung Einfluss zu nehmen suchte, wie geschaffen: Holtzbrinck hatte seinen Berliner Regionaltitel Tagesspiegel auf Druck des Kartellamts an den ehemals verlagseigenen Manager Pierre Gerckens verkauft, um die Berliner Zeitung übernehmen zu können. Dabei sicherte sich der Konzern gleichzeitig eine Rückkaufoption in Sachen Tagesspiegel – interessanterweise über ebenjene 75 Prozent, die nach dem neu- en Kartellrecht erlaubt wären. Minderheitseigner mit 25 Anteilsprozenten bliebe der kurzfristige Zwischenverleger Gerckens.

Während Kritiker jetzt auch über den Berliner Markt hinaus eine deutliche Beschleunigung der seit Jahrzehnten anhaltenden Konzentration auf dem deutschen Zeitungsmarkt erwarten, erklärt der Verlegerverband dagegen so einstimmig wie lakonisch: „Das Gesetzesvorhaben ist im Grundsatz geeignet, die historisch gewachsene Vielfalt der Presse in Deutschland im sich ständig wandelnden und weiter wachsenden Markt der Massenmedien zu erhalten.“

Dabei nutzt die Neufassung vor allem den großen Pressekonzernen wie Springer, DuMont, der WAZ-Gruppe und Holtzbrinck, die wegen des bisher gültigen Kartellrechts in Inland de facto kaum noch Titel zukaufen konnten. Dennoch wird sie nun auch von den kleineren und mittleren Verlagen mitgetragen, die im Verband rein rechnerisch die Mehrheit stellen. Denn auch für sie findet sich etwas im Reformpaket: Künftig soll das Kartellamt Zusammenschlüsse erst prüfen, wenn die beteiligten Unternehmen mehr als 50 Millionen Euro umsetzten – bislang lag diese nur für die Presse geltende Summe bei 25 Millionen Euro. Und unter 10 Millionen Euro würde nach der neuen „Bagatellklausel“ ganz weggeschaut.

„Das ist ein Systemwechsel“, heißt es denn auch beim BDZV, der tapfer darauf hinweist, dass er eigentlich gleich einen Freibrief über 100 Millionen Euro haben wollte.