: Ein katholischer Krieger im Namen Gottes
Michael Novak ist Professor für katholische Theologie in den USA und durfte im Aspen Institut erklären, warum der Krieg gegen den Irak gerechtfertigt ist. Damit steht er im krassen Gegensatz zum Vatikan und seiner Kriegslehre
„Stell dir vor: Dieses kleine Wasserglas vor deinem Teller ist voll mit Anthrax. Ein solches Glas genügt, um eine Stadt wie Chicago vollständig auszurotten. Denk daran!“
Es macht keinen Spaß, mit Michael Novak zu frühstücken. Der amerikanische Professor und katholische Theologe war auf Einladung des Aspen-Instituts nach Berlin gekommen, wo er sich mit Journalisten traf und an verschiedenen Diskussionsveranstaltungen teilnahm.
Novak gilt als einer der neokonservativen Kriegsbefürworter in Washington, jener kleinen, aber einflussreichen Minderheit, die George W. Bush zu seinem Kriegskurs gedrängt hat. Seine politischen Netzwerke strickt er als Direktor am American Enterprise Institute, einem einflussreichen konservativen Think-Tank in Washington, D. C.
Von dort kennt er auch Jeffrey Gedmin, den Chef des Aspen-Instituts in Berlin, welcher ebenfalls einen möglichen Angriff auf den Irak verteidigt. Aber das Besondere an Michael Novak ist, dass er zu den wenigen einflussreichen katholischen Theologen gehört, die offen für einen Irakkrieg plädieren.
Die katholische Kirche hat sich klar gegen die Pläne der US-Regierung gestellt. Der Papst hatte in den letzten Monaten mehrmals in deutlichen Worten zum Frieden gemahnt, und selbst konservative Bischöfe wie Kardinal Ratzinger hatten darauf hingewiesen, dass es in der Glaubenslehre der Kirche keine Rechtfertigung für einen Präventivkrieg gebe. Schließlich hatten sich auch die US-Bischöfe geschlossen gegen die von Bush verwendete Auslegung der Lehre vom gerechten Krieg gestellt.
Michael Novak gehört nun zu den ersten prominenten Katholiken, die nach einer theologischen Rechtfertigung für den Irakkrieg suchen.
Offiziell vertritt die katholische Kirche bis heute die Lehre vom gerechten Krieg. Diese hat ihren Ursprung in den Schriften des Augustinus und dem Verständnis der Erbsünde. Die Doktrin besagt, dass es in einer Welt voll Gewalt und Sünde in gewissen Fällen notwendig sein kann, einen Krieg zu führen. Aus diesem Grund waren sowohl der Zweite Weltkrieg als auch der Kosovokrieg aus katholischer Sicht legitime Kriege.
Michael Novak, der die Welt bereits mit Büchern wie „Die katholische Ethik und der Geist des Kapitalismus“ beglückt hat, argumentiert, dass die von Bagdad ausgehende Terrorgefahr durch Anthrax oder chemische Waffen einen Krieg gegen den Irak rechtfertige. Zudem wäre ein schneller und erfolgreicher Regimewechsel auch für Katholiken moralisch vertretbar, da er das Leid „der armen und leidenden irakischen Bevölkerung“ lindern würde.
Was Michael Novak nicht sagte: Gemäß der Lehre vom gerechten Krieg darf ein Angriff nur von einem Rechtsinstitut wie der UNO, nicht aber von einer Interessenpartei wie den USA vertreten werden. Kriege müssen öffentlich legitimiert sein und können nur gebilligt werden, wenn der Schaden durch den Aggressor „anhaltend, schwer und gewiss“ sei. Die Lehre vom gerechten Krieg geht davon aus, dass Krieg immer ein Übel ist. Als Grundsatz gilt: „Den Krieg vermeiden.“ Michael Novak hat offenbar andere Grundsätze.
STEFAN WELLGRAF