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Archiv-Artikel

Kirche will „Bildungsrevolution“ für Kitas

Behördenpläne zur Finanzierung von Kita-Hilfskräften bringen Evangelische Kirche zwar in die Klemme. Dennoch plant sie mit der Bremer Uni ein Weiterbildungsstudium für Erzieherinnen und Grundschullehrer, das bundesweit auf Interesse stößt

Von ede

Bremen taz ■ Die Evangelische Kirche in Bremen (BEK) setzt Signale in punkto Kindergärten. Gestern haben Kirche und Bremer Universität ein gemeinsames Konzept für ein neues Weiterbildungsstudium „Frühkindliche Bildung“ vorgestellt. „Kinder sind unser Rohstoff“, sagt Ilse Wehrmann vom Landesverband Evangelischer Kindergärten. Unermüdlich beackert sie auch als Vorsitzende der Bundesvereinigung Evangelischer Kindergärten das Feld frühkindlicher Bildung, seit Jahren fordert sie bessere Ausbildung für ErzieherInnen. Jetzt geht sie voran. Schon stößt das uniintern erst vorgestern abgesegnete Programm auf bundesweite Nachfrage.

„Es ist wohl die erste berufsbegleitende Ausbildung dieser Art in Deutschland, die sich gleichermaßen an Erzieherinnen und Grundschullehrer richtet“, sagen die Veranstalter. Die Kirche und das Zentrum für Weiterbildung an der Universität wollen die traditionelle Kluft zwischen vorschulischer und schulischer Bildung schließen.

„Hessen macht vor wie das geht. Dort gibt es Bildungspläne für Kinder von null bis zehn Jahren“, beschreibt Wehrmann, wo aus Sicht der Evangelischen Kirche das Ziel liegt: Frühkindliche Bildung brauche eine innovative Praxis, Deutschland insgesamt „eine Bildungsrevolution“.

„Zehn bis zwölf Jahre liegen wir mittlerweile hinter europäischen Standards zurück“, kritisiert Wehrmann. Andernorts übernehme Personal mit Hochschulabschluss die wachsame Förderung und Begleitung kindlicher Lernprozesse – mit entsprechenden Erfolgen bei Schultests. „Wir können nicht länger warten“, mahnt auch die Bremer Erziehungswissenschaftlerin Ursula Carle. Beide sehen Bremen mit dem neu entwickelten Bildungsmodul – Abschluss: Zertifikat – an der Spitze einer Bewegung, die sich allerdings erst noch formieren muss.

Drei Jahre Berufserfahrung als Erzieherin sind Eingangsvoraussetzung, um einen der 80 neuen „Studienplätze“ zu bekommen. Ebenso Zeit und Geld. Zwar findet die 420-stündige Fortbildung ab August in Blockseminaren statt, so dass auch Auswärtige teilnehmen können, doch sind die Kosten von 3.480 Euro beachtlich. Sie decken vor allem die Kosten des Lehrpersonals. Möglicherweise werde es aber Stipendien geben, so Wehrmann. Darüber verhandele sie derzeit mit der Bosch-Stiftung. Die Stiftung räume der frühkindlichen Förderung zurzeit Priorität ein. Auch die Evangelische Kirche Deutschlands will ihre diesjährige Denkschrift diesem Thema widmen.

Unterdessen gerät die Evangelische Kirche in Bremen mit ihren ehrgeizigen Weiterbildungsplänen selbst etwas in die Klemme. „Uns werden Vertretungskräfte fehlen, wenn wir Erzieherinnen für Fortbildung freistellen“, sagt Wehrmann. Schuld daran seien die Pläne des Sozial- und Jugendressorts, wonach überraschend 4,3 Millionen Euro, die eigentlich für das versprochene neue Zweitkräfteprogramm in Kindergärten versprochen waren, umgeleitet werden: Das Geld soll in ein Qualifizierungsprogramm für Assistenten in Kitas fließen. Dafür werden Erwerbslose „aus personenbezogenen Berufsfeldern“ für die Arbeit mit Kindern angelernt. „Eine arbeitsmarktpolitisch sicher sinnvolle Maßnahme“, so Wehrmann. Allerdings sei sie nicht geeignet, ausgebildete Kräfte zu ersetzen, die in Fortbildung sind. So plant es die Behörde. „Verheerend“, sagt Wehrmann.

„Die Kirche ist entsetzt. Eigentlich haben wir ab Sommer mit 20 Stunden Entlastung pro Kindergruppe durchs Zweitkräfteprogramm gerechnet.“ So wären Lücken durch Fortbildungs-Abwesenheiten geschlossen worden. „Jetzt müsen wir sehen, wie das zu wuppen ist. Mit Hilfskräften jedenfalls nicht.“ Die Kirche dränge auf ein Spitzengespräch mit der Behörde. ede

Info: www.weiterbildung.uni-bremen.de/weiterbi/kurse/wsfb.html