: Krieg gilt nicht als Trauerfall
Senatssprecher sieht keinen Anlass für Halbmastbeflaggung nach Angriff auf Irak. Innensenator Körting (SPD): Bevölkerung muss nicht um Sicherheit fürchten. British Airways streicht Israel-Flüge
von STEFAN ALBERTIund CHRISTOPH TITZ
Ein offizielles äußeres Zeichen soll es nicht geben. Doch während des derzeitigen 48-Stunden-Ultimatums nach der jüngsten Bush-Rede ist ein naher Kriegsausbruch im Irak stellenweise auch in Berlin spürbar. An den drei Flughäfen sind die Sicherheitsvorkehrungen bereits verschärft, Führungen abgesagt, Streifen verstärkt. Die Fluggesellschaft British Airways will ab Donnerstag nicht mehr nach Israel fliegen. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) geht jedoch davon aus, dass es bei einem Angriff auf den Irak „zu keinen großen Einschränkungen“ für die Bevölkerung kommt.
Flaggen an öffentlichen Gebäuden auf Halbmast zu setzen, als sichtbare Protestreaktion auf den Krieg? Senatssprecher Michael Donnermeyer sah dafür gestern auf taz-Anfrage keinen Anlass: Halbmast werde, wie in der Beflaggungsverordnung des Landes festgelegt, nur im Trauerfall geflaggt – ein Krieg fällt nach seinen Worten nicht darunter.
Wie Innensenator Körting betonte auch die Polizei gestern, auf eine mögliche verschärfte Lage vorbereitet zu sein. Die Sicherheitsmaßnahmen seien bereits seit den Terroranschlägen vom 11. September „konstant auf einem sehr hohen Niveau“, sagte ein Polizeisprecher. Körting hatte angekündigt, Berlin werde sich bei einem Irakkrieg nicht in eine Festung verwandeln. Mit Terroranschlägen sei nicht zu rechnen. „Wir haben nicht den Hauch eines Hinweises“, sagte Körting. „Was an Schularbeiten gemacht werden konnte, ist gemacht. Die Bevölkerung kann beruhigt in die nächsten Wochen sehen.“ Absolute Sicherheit gebe es aber nicht. Als „abstrakt gefährdet“ gelten die US-amerikanische, die britische und die israelische Botschaft.
Am Schalter von British Airways (BA) am Flughafen Tegel klang die Streichung aller Israel-Flüge so: „Der letzte Flug nach Tel Aviv startet am 19. März um 9 Uhr“, gab die freundliche Mitarbeiterin bekannt und hielt ein Fax hoch. Das Schreiben mit der Streichung der Flüge habe sie gerade erst erhalten. Als Grund für diesen Schritt ist darin lediglich „die aktuelle Situation“ genannt. Wie es weitergehe? „Wann wir Israel wieder anfliegen, das weiß keiner“, sagt sie.
Anders als BA hält die Lufthansa ihre Verbindung von Berlin nach Tel Aviv via Frankfurt/Main aufrecht. Im Golfkrieg von 1991 hatte Lufthansa diese Linie sowie die nach Kuwait, Amman und Teheran eingestellt.
Äußerlich betrachtet ging gestern Nachmittag auf dem Flughafen Tegel alles seinen gewohnten Gang. Vorwiegend Geschäftsleute zogen ihre Koffer durch die Terminals, nur vereinzelt waren Touristen auszumachen. Michael Sloter, Berliner Industriekaufmann auf dem Weg nach Stockholm, fürchtet angesichts des drohenden Krieges im Irak nicht um seine persönliche Sicherheit. „Natürlich bin ich generell besorgt, aber hier geht der Alltag weiter“, sagt er.
Polizei und der Bundesgrenzschutz (BGS) patrouillierten in Tegel wie schon seit Wochen, in Zweier- und Dreiergruppen, immer ein BGS-Beamter mit einer Maschinenpistole bewaffnet. Trotz des ruhigen Gesamteindrucks wurden die Sicherheitsmaßnahmen dort wie auch in Tempelhof und Schönefeld verschärft. Laut Flughafensprecher Eberhard Elie läuft das Sicherheitspersonal der Flughafengesellschaft seit dem gestrigen Vormittag verstärkt Streife. Außerdem würden Autos stichprobenartig kontrolliert, die Zugangskontrollen für das Flughafenpersonal seien verschärft.
Die Reisebranche und ihre Kunden reagieren laut Sibylle Zeuch vom Deutschen Reisebüro und Reiseveranstalter Verband bisher kaum auf das einer Kriegserklärung gleichkommende Bush-Ultimatum: „Es gibt keine Stornowelle.“ Im März und für den April hielten sich die Kunden aber sehr zurück. Reisen in Länder wie Somalia und Irak, für die gestern eine Reisewarnung erging, oder auch nach Kuwait würden ohnehin nicht angeboten. Kostenfreie Stornierungen seien nur für Länder möglich, für die das Auswärtige Amt eine Reisewarnung ausspreche.