: Jetzt hat der Arsch Kirmes
Tyrannenmord an George W. Bush: Wie die Welt kürzlich in Wuppertal gerettet wurde
Als mein Freund Gottfried in der Zeitung las, dass George W. Bush zu allem Überfluss auch noch den US-Rüstungsetat um 16,9 Milliarden Dollar erhöhen und alle Sozialausgaben drastisch kürzen will, bekam er einen Tobsuchtsanfall. „Jetzt ist der Bock fett“, schrie er auf seine handfest-volkstümliche Art.
Selbst ich, ein ausgesprochener Gemütsmensch und im Vergleich mit Gottfried deutlich zurückhaltender, war der Ansicht, dass es nun reichte. Also beschlossen wir, die USA und, im Hinblick auf Bushs profunden Ekel vor dem Frieden, gleich die ganze Welt zu retten.
Welch eine Aufgabe! Gerade für uns in Wuppertal! Allerdings waren wir nicht gänzlich unerfahren in solchen Dingen, hatten Gottfried und ich im Sommer 2002 doch vermöge schamanistisch-quantenphysikalischer Manipulationen dafür gesorgt, dass Brasilien Fußballweltmeister wurde, um dem idiotischen Gehupe in den Innenstädten ein Ende zu setzen.
Doch unsere neue Aufgabe, der gerechte Tyrannenmord, stellte eine enorme Herausforderung dar. Man muss sich ganz schön konzentrieren, um eine solche Tat mittels Gedankenkraft auszuführen, und genau das hatten wir vor. Ich äußerte Bedenken: Sollten wir nicht zuerst etwas üben? Mit Möllemann etwa oder Berlusconi?
„Keine Zeit“, entschied Gottfried, „die Welt muss sofort von ihrem schlimmsten Schädling befreit werden. Und wenn das klappt, nehmen wir uns als Nächstes den gesamten Orient vor. Jetzt hat der Arsch Kirmes.“
Also handelten wir. Gottfrieds Schnapsladen blieb an diesem Tag geschlossen, wir zogen uns ins dunkle Hinterzimmer zurück, um unsere Kräfte zu bündeln. Aus begreiflichen Gründen darf ich hier nicht verraten, wie wir im Einzelnen vorgingen, sonst kopiert noch jemand Unbefugtes unsere Methode, ohne so hehre Motive zu haben wie Gottfried und ich. Jedenfalls waren schon gegen Mittag einige Flaschen niedergemacht, und das zu Imaginationszwecken benutzte Zeitungsfoto von Bush war völlig ramponiert. Gottfried hatte sogar mit einem Filzschreiber darauf herumgemalt. Verbissen kämpften wir weiter, weder Nasenbluten noch Hörstürze konnten unseren Endsieg über das Reich des Bösen aufhalten. In Momenten des Selbstzweifels hoffte ich, Bush möge sich wenigstens so elend fühlen wie wir.
Am Abend schleppten wir uns aus dem Laden, waidwund, aber in der heldenhaften Gewissheit, der Welt einen unschätzbaren Dienst erwiesen zu haben. Waren die Straßen nicht leerer als sonst? Es war gegen 20.30 Uhr, die ARD strahlte demnach soeben eine „Brennpunkt“-Sendung zum Tode des amerikanischen Präsidenten aus. Wir widerstanden der Versuchung, die Sondermeldung vor dem Fernsehgerät einer Kneipe zu genießen und öffentlich zu prahlen: „Da! Das haben wir gemacht!“
Als wir meine Wohnung endlich gefunden hatten, kamen wir gerade rechtzeitig zu den „Tagesthemen“. Doch welche Überraschung erlebten wir dann! Kein Wort über den toten Präsidenten! Bis heute nicht! Der US-Imperialismus schweigt die Wahrheit tot! EUGEN EGNER