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Archiv-Artikel

Vivo als Ökozentrum gescheitert

Viel zu wenige Mieter. Finanzsenator hält das Projekt für wirtschaftlich nicht tragfähig. Sprinkenhof soll „erweitertes Nutzungskonzept“ entwickeln, um den Schaden für die Stadt gering zu halten

von GERNOT KNÖDLER

Das geplante Nachhaltigkeitszentrum „Vivo!“ in der Ottenser Gaußstraße ist zwei Wochen vor der geplanten Eröffnung als gescheitert anzusehen. Wie der inzwischen zuständige Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) gestern mitteilte, habe sich das vom damaligen rot-grünen Senat beschlossene Konzept „als wirtschaftlich nicht tragfähig erwiesen“. Die städtische Sprinkenhof AG soll das bunte und transparente Gebäude jetzt irgendwie mit Leben füllen, gerne auch mit Öko-Betrieben. Jedoch würden „zunächst keine weiteren Mietverträge unterzeichnet, die eine anderweitige großflächige Nutzung erschweren könnten“. Für 2003 rechnet Peiner mit einem Verlust von 2,5 Millionen Euro.

Peter Moll, Geschäftsführer, der Kölner Vivo-Vermarktungsfirma Ecom hatte der taz hamburg in der vergangenen Woche versichert, für 80 Prozent der publikumsrelevanten Flächen feste Mietverträge in der Tasche zu haben. In der gestrigen taz hatte er noch eine Anzeige für die am 2. April geplante Eröffnung geschaltet. „Ein Eröffnungsfest soll es nach unseren Vorstellungen nicht geben“, sagte Peiner der taz. „Es ist fast niemand da, der eröffnen könnte.“

Lediglich elf Prozent der Einzelhandelsfläche sind nach Angaben des Finanzsenators tatsächlich vermietet. Eingezogen sind bisher eine auf ganzheitliche Medizin spezialisierte Apotheke, eine Arztpraxis und ein Restaurant. Statt der Eröffnung käme für Peiner daher allenfalls eine „Interessentenparty“ in Frage. Moll war nach Auskunft einer Mitarbeiterin gestern den ganzen Tag über in Sitzungen und will sich erst heute äußern.

Das Nachhaltigkeitszentrum geht auf eine Initiative von Geschäftsleuten aus der Öko-Szene insbesondere aus Ottensen zurück, die ihr Projekt im Rahmen des „Vereins zur Gründung eines Ökozentrums“ vorantrieben. Aus der Idee für einen ökologischen Gewerbehof wurde mit Hilfe des rot-grünen Senats und des Bezirksamtes Altona das Konzept für ein Zentrum mit einem Mix aus ökologischem Handel, Gewerbe und Dienstleistungen.

Nachdem der erste Betreiber, die aus dem Kreis der Initiatoren hervorgegangene Firma Neuwerk Consult, sich mit der Bauherrin, der städtischen HaGG überworfen hatte, sollte die Kölner Firma Ecom das Zentrum vermarkten. Dass es bereits damals Zweifel daran gab, mit dem Thema Nachhaltigkeit könnte ausreichend Kundschaft angelockt werden, zeigte sich daran, dass Ecom das Zentrum umbenannte: von „Ö“ wie Ökozentrum in „Vivo! - Die Welt der Lebensqualität“. Wellness statt Holzspielzeug und Lebensmittel aus ökologischem Landbau sollten für das Zentrum werben, obwohl der Drittel-Mix und der Katalog an Nachhaltigkeitskriterien, die die Mieter erfüllen mussten, beibehalten wurde.

Die Gründe für das vorläufige Scheitern des Ökozentrums sieht Peiner im Standort mit wenig Laufkundschaft und darin, dass starke, fest verpflichtete Mieter gefehlt hätten. „Ohne eine starke Vorvermietung fängt man gar nicht erst an“, sagte der Senator. Das habe er bei seiner Tätigkeit für den Otto-Konzern gelernt.

Manfred Ross, der Vorsitzende des Vereins zur Gründung eines Ökozentrums erklärt das Scheitern mit der schlechten Atmosphäre zwischen einigen beteiligten Akteuren. Dazu gehört die schlechte Zusammenarbeit zwischen der HaGG und Neuwerk Consult und dass Ecom kein Vertrauen bei den potenziellen Mietern habe aufbauen können. „Wenn man Geschäfte macht, spielt der Bauch eine Rolle“, sagt Ross, der sich aufgrund seiner Erfahrungen nicht vorstellen kann, mit Ecom zusammenzuarbeiten. Beispielsweise sei er erstaunt gewesen „über die Zahlen, die in der Presse veröffentlicht wurden, und über die Lage vor Ort“.

Trotzdem will Ross „nicht ausschließen, dass es noch eine Chance gebe“, das Projekt Nachhaltigkeitszentrum zu retten. Es käme darauf an, dass dabei sehr konstruktiv vorgegangen werde.