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Archiv-Artikel

off-kino Filme aus dem Archiv –frisch gesichtet

Die mir liebste Darstellung eines Urlaubs findet sich in dem Film „Chaqun cherche son chat“ (“Und jeder sucht sein Kätzchen“) von Cédric Klapisch: Einstellung Nummer 1 zeigt die Hauptperson Chloe mit einem Rucksack auf dem Weg zum Busbahnhof, in Einstellung Nummer 2 badet Chloe im blauen Meer, und in Einstellung Nummer 3 kommt sie vom Busbahnhof zurück und trägt als Souvenir eine riesige Vase im Arm. Prägnanter kann man die für viele Leute wichtigsten Wochen des Jahres wohl kaum zeigen. Eigentlich geht es jedoch gar nicht um Ferien, sondern um den Alltag in Chloes Wohnviertel: Weil der schwarze Kater, den sie während ihres Urlaubs einer alten Dame in Verwahrung gegeben hat, plötzlich verschwunden ist, macht sich die eigentlich eher kontaktscheue Visagistin auf die Suche. Dabei lernt sie viele ihrer Nachbarn kennen, erkundet die Möglichkeiten romantischer Begegnungen und erfährt eine praktische Hilfsbereitschaft, die den anfangs gezeigten Egoismus der Menschen (zunächst will niemand den Kater versorgen) dann doch konterkariert. Und das alles ist so trocken, charmant und ein wenig melancholisch gefilmt wie Chloes Ferien. Übrigens findet sich der Kater wieder ein – wer hätte auch daran gezweifelt.

„Und jeder sucht sein Kätzchen“, 21. 3. im Filmtheater am Friedrichshain; 23. 3. im Delphi; 24. 3. im Thalia Babelsberg

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Sein sarkastischer Humor und die oftmals zynischen Hauptpersonen seiner Filme haben häufig zu der Ansicht verleitet, Billy Wilder sei selbst ein alles verachtender Zyniker. Dabei ist er doch wohl eher ein beinharter Moralist gewesen: Für seine Charaktere geht es zumeist um Lernprozesse und schmerzhafte Wandlungen – und wer sich nicht ändert, der muss dafür bezahlen und landet dann auch schon einmal im Leichenschauhaus. Dass William Holden als erfolgloser Drehbuchautor am Schluss von „Sunset Boulevard“ (“Boulevard der Dämmerung“; 1950) den Absprung aus der Abhängigkeit des alternden Stummfilmstars Norma „I am big“ Desmond (Gloria Swanson) nicht schaffen wird, weiß man allerdings schon zu Beginn: Da treibt Holden nämlich als Leiche im Swimming-Pool und beginnt, seine Geschichte zu erzählen.

Ursprünglich war der Anfang sogar noch ein wenig makabrer gestaltet: Mit der Einlieferung Holdens in eine Leichenhalle entspann sich ein Dialog der Verblichenen, die sich gegenseitig die Gründe für ihr vorzeitiges Ableben mitteilen. Diese Version war dem Studio dann aber doch zu heftig; so kam es zur Swimming-Pool-Eröffnung, einer verschärften Variante des im Film noir nicht unüblichen Topos vom sterbenden Mann, der in Rückblenden sein Leben erzählt. Wilders Film laviert geschickt zwischen schwarzer Komödie und düsterem Drama, sein Blick auf die Traumfabrik entspricht eher einem Albtraum. Dass die Geschichte vom Stummfilmstar, dem keine Wiederkehr vergönnt ist, letztlich das Comeback von Gloria Swanson einläutete, die seit 1934 nur einen Film gedreht hatte, entbehrt auch nicht einer gewissen Ironie.

„Sunset Boulevard“, 24. 3.-26. 3. im Filmkunst 66

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Abgelebt ist ja nun auch der gute Horst Buchholz, einer der ganz wenigen deutschen Stars, die es auch international zu Ruhm und Ehren brachten. Zwar war seine Hollywood-Karriere nicht allzu langlebig, doch neben Steve McQueen und Yul Brynner in „Die glorreichen Sieben“, John Sturges’ Western-Variante von Kurosawas „Die sieben Samurai“, über die Prärie zu galoppieren – das ist doch wirklich was. Als Nesthäkchen der Siebener-Bande, die ein Dörfchen vor der Heimsuchung durch einen fiesen Banditen bewahrt, erlebt er sogar erstens das Filmende und zweitens eine Zukunft voller Liebe und Harmonie. Allerdings zeigt „Die glorreichen Sieben“ auch, warum Hotte es in Hollywood dann doch nie ganz schaffte: Im direkten Vergleich mit dem stoischen Underplay McQueens und Brynners wirkt Buchholz, als müsste man ihn ganz dringend zu einer Therapie bei den „Overactors Anonymous“ schicken. Trotzdem: Einer seiner besten Filme und eine würdige Erinnerung an den beliebten Schauspieler.

„Die glorreichen Sieben“, 22. 3. in den Eva-Lichtspielen

LARS PENNING