für ein paar pullen mehr :
Wer sonder Geld eine Scheibe Ewigkeit abhaben will, muss sich etwas einfallen lassen. So, wie der Bremer Regierungsrat Nikolaus Meyer. Auf dessen Vorschlag schenkte der Senat 1823 – vor 180 Jahren! – dem Herrn Goethe sechs halbe Flaschen überalterten Weines aus städtischem Besitz. Der Dichter dankte artig per Post. Fruchtbar gemacht hat den Briefwechsel nun der Kulturverein Freizeit 2000 mit einer dionysischen Matinee zum 171. Todestag Goethes. Im Ratskeller, wo sonst: Thomas Stein steht unterhalb des thronenden Bacchus. „Andere“, rezitiert er im Brustton der Affektion, „verschlafen ihren Rausch /Meiner steht auf dem Papiere“. Dann zieht er mit der gedämpften Geräuschhaftigkeit fülliger Menschen Luft ein. Den lyrischen Ton trifft Streit, anders als die interludierende Gitarristin Katja Titze, nicht. Die Rumpel-Poesie der Balladen liegt ihm eher. Doch deren Silben schluckt das Gewölbe gierig auf. So ist das halt: Für eine innige Beziehung zwischen Goethe und dem Ratskeller sind sechs halbe Flaschen einfach nicht genug.
Benno Schirrmeister