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Archiv-Artikel

Harte Zeiten für Jobvereitler

Bei „assistierter Jobsuche“ kommen Vermittler mit zum Vorstellungsgespräch. Sie prüfen, ob ein Bewerber sich ernsthaft um die Stelle bemüht. PSA-Studie: Viele Qualifizierte ackern als Hilfsarbeiter

VON BARBARA DRIBBUSCH

Wenn die Rede auf Großbritannien kommt, gerät Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) ins Schwärmen. „Die Briten weisen uns den Weg“, sagt Clement, „und wir werden ihn begehen, allerdings etwas weniger hart.“ Wie sich der britische Weg auswirkt, zeigen jetzt Beispiele aus den hiesigen Arbeitsämtern.

Dort werden Erwerbslose zunehmend in die „assistierte Vermittlung“ geschickt: Ein Zuständiger vom Arbeitsamt ist beim Bewerbungsgespräch mit dabei. In Folge dieser begleiteten Jobsuche nehmen die Sperrzeiten zu, in denen die Betroffenen kein Arbeitslosengeld erhalten – etwa weil sie sich im Vorstellungsgespräch bewusst ungünstig präsentieren oder die Jobaufnahme direkt verweigern.

Zum Beispiel in Erfurt. Die dortige Agentur für Arbeit verhängte im vergangenen Jahr 1.736 Sperrzeiten wegen so genannter „Vereitelung“ einer Jobaufnahme. Das waren sechsmal so viele für diesen Tatbestand wie noch im Jahr zuvor. „Die assistierte Vermittlung ist seit Anfang 2003 erheblich verstärkt worden“ sagt Kati Domkowsky, Sprecherin der Erfurter Agentur.

Bei dieser Art der Jobsuche nehmen die Vermittler der örtlichen Arbeitsagentur auch manchmal bei den Vorstellungsgesprächen teil, ohne dass der Bewerber dies weiß. Erzählt ein Maurer oder ein Koch dann von Krankheiten oder Allergien, die er gegenüber der Arbeitsagentur gar nicht erwähnt hat, wird er sofort zu einem Gesundheits-Check geschickt. Früher hingegen schickte der Arbeitgeber solche Bewerber als „ungeeignet“ wieder fort.

Besonders bei Vorstellungsgesprächen in den neuen, vom Arbeitsamt subventionierten Personal-Service-Agenturen (PSA) sind Vermittler mit dabei. So wolle man vermeiden, dass „Menschen, die bei uns kerngesund waren, bei der PSA plötzlich allerlei Krankheiten vorbringen“, erklärte dazu Kurt Keiner, Direktor des Erfurter Arbeitsamts.

Die PSA seien daher geeignet, „die Arbeitsbereitschaft der Arbeitslosen zu testen,“ so heißt es in einem unlängst erschienenen Bericht des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zur Entwicklung der Serviceagenturen.

Nach Angaben des IAB sind von April bis zum Oktober 2003 ingesamt 35.500 Menschen in die PSA eingetreten – wobei die Zahl der Eintritte zuletzt wieder zurückgegangen ist. Im gleichen Zeitraum verließen 9.000 PSA-Beschäftigte die Zeitarbeitsagenturen wieder.

Fast die Hälfte von ihnen fand einen sozialversicherungspflichtigen Job. Allerdings nur zum kleinen Teil bei den Entleihunternehmen. Rund 40 Prozent der entlassenen PSA-Beschäftigten hingegen wurden von der Serviceagentur selbst gefeuert, mehr als die Hälfte davon aus „verhaltensbedingten Gründen“, darunter etwa Unpünktlichkeit oder ungepflegtes Erscheinen.

Fast die Hälfte der PSA-Leute ackern als Hilfskräfte, obwohl zwei Drittel eine abgeschlossene Ausbildung haben. „Es steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Arbeitnehmer eine Stelle annehmen, die sie ohne Vorschriften der Zumutbarkeit nicht akzeptieren würden“, heißt es in dem IAB-Bericht.

Das genau aber ist der härtere, der britische Weg. In Großbritannien, so berichtete Wirtschaftsminister Clement kürzlich, sitzen die Vermittler der Jobcenter direkt in den Personalabteilungen der örtlichen Unternehmen. Dort ist die „Vermittlungskette“ also so gut wie lückenlos. Der Druck, einen Job anzunehmen, ist noch stärker als hierzulande. In Deutschland, schätzt Clement, könnte man „allein durch einen anderen Umgang mit Arbeitslosen deren Zahl um 15 Prozent senken“.