: Mit dickem Pinsel
Die „American Drama Group“ präsentierte eine Theateradaption von Paul Austers Roman „Moon Palace“
Eine Schauspielerin steht als New Yorker Freiheitsstatue auf einem Podest, hat eine Pistole in der Hand und zielt damit ins Publikum. In anderen Zeiten wäre einem dieses eher nebenbei arrangierte Bild wohl kaum aufgefallen, doch in diesen Tagen sieht man es unwillkürlich als zentrale Metapher.
Plakativ und überdeutlich war alles an diesem Theaterabend in englischer Sprache. Musste es wohl auch sein, denn die Tourneetruppe „The American Drama Group Europe“ spielt im Musicaltheater in Englisch für non-native-speakers. Deshalb ist alles in einer schlichten Sprache gehalten und auch wenn man nicht alles versteht, kann man ohne Schwierigkeiten folgen.
Diese Vorführungen haben schon Tradition am Bremer Theater. Jedes Jahr macht das Ensemble einmal Station in der Stadt, und das „Referat für Schulen und Theater“ macht dabei offensichtlich seine Arbeit gut, denn der größte Teil des Publikums bestand aus Schulklassen – eine davon sogar angereist aus Oldenburg.
Bei dieser Aufführung darf man nicht nach den literarischen Finessen der Vorlage suchen. Paul Austers „Moon Palace“, 1989 kurz nach seinem ersten Erfolg mit der „New York Trilogy“ geschrieben, ist vollgestopft mit Geschichten, die mit amerikanischen Mythen und Träumen zu tun haben. „It was the summer that men first walked on the moon“ ist der erste Satz des Romans, und auf der Bühne machen die vier Darsteller daraus einen albernen Moonwalk, bei dem Salatschüsseln als Raumanzug-Helme dienen.
Es gibt noch manch andere Lacher, die Paul Auster wohl im Traume nicht in seinem Buch vermutet hatte, und wenn Tim Major die Haushälterin Mrs Hume gibt, geht es sogar herunter auf die Ebene von „Charlies Tante“. Man vergisst also am besten ganz schnell die Vorlage – dann kann man sich durchaus bei dieser Inszenierung amüsieren.
Eine originelle Idee war es, einen der Erzählstränge, der im mytischen Wilden Westen spielt, als Stummfilm auf der Bühne zu spielen. Die vier Darsteller sind sympathisch und spielen solide, auch wenn David Mark sich in der Rolle des Protagonisten Marco Stanley Fogg des „overacting“ schuldig macht, wenn er sich als angry young man ständig die langen, blonden Haare rauft.
Aber wie gesagt, alles sollte verstanden werden, und da muss man wohl mit einem dickem Pinsel malen. „I am the challenge to the american dream“ bleibt als einer der Kernsätze in Erinnerung. Und auch ihn hört man in den Zeiten des Krieges anders.
Wilfried Hippen