piwik no script img

Archiv-Artikel

Karlsruhe lehnt FDP-Antrag ab

Der Einsatz deutscher Awacs-Besatzungen über der Türkei bedarf vorerst keiner Zustimmung des Bundestags. Eilantrag der FDP wurde abgelehnt

FREIBURG taz ■ In Karlsruhe nimmt man den Streit um die Awacs-Flugzeuge im türkischen Luftraum sehr ernst. Mit Hochdruck beriet das Bundesverfassungsgericht in den letzten zwei Tagen über einen Antrag der FDP, die eine Entscheidung des Bundestags über die Beteiligung deutscher Soldaten erzwingen wollte. Gestern, kurz vor Redaktionsschluss, fiel in Karlsruhe die Entscheidung.

Derzeit leisten 38 deutsche Soldaten und neun zivile Mitarbeiter Dienst in den Awacs-Luftaufklärern, die seit Ende Februar den Luftraum der Türkei sichern. Sie haben „keine Ermächtigung für Maßnahmen, die irakisches Hoheitsgebiet betreffen“, heißt es im Schriftsatz der Bundesregierung, der der taz vorliegt. Dies wurde ausdrücklich festgelegt. Mit den Aufklärungsflugzeugen der USA und Großbritanniens im Irak finde nur ein „Abgleich von sich widersprechenden Luftlageerkenntnissen“ auf einer separaten Frequenz statt. Ansonsten würden Informationen ausschließlich an Nato-Stellen gemeldet. Mit Blick auf türkische Pläne, in den Nordirak vorzustoßen, hat am 18. März der zuständige Nato-Befehlshaber Europa, General James L. Jones, weitere Anweisungen gegeben. Danach sei es den Awacs nicht erlaubt, „irgendwelche Unterstützung“ für türkische Kräfte zu leisten, die nicht der Nato unterstellt sind. Die Bundesregierung schließt daraus, es „bestehe keine Gefahr, dass deutsche Soldaten in bewaffnete Unternehmungen, die ausschließlich im Irak stattfinden“, einbezogen werden.

Die FDP hatte in ihrem Eilantrag allerdings nicht so sehr auf Kämpfe im Irak abgestellt. Die Partei war vielmehr der Auffassung, dass auch der bloße Einsatz zur Verteidigung der Türkei bereits zwingend ein Mandat des Bundestags benötige. Dies sieht die Bundesregierung anders. Solange es Aufgabe der Soldaten sei, „durch Beobachtung, Abschreckung und Vorbereitung“ eine militärische Auseinandersetzung zu verhindern, liege kein zustimmungspflichtiger Einsatz vor. Der Bundestag müsse erst eingeschaltet werden, „wenn der Irak die Türkei angriffe“. Denn dann dienten die Awacs-Flugzeuge zugleich als Feuerleitstelle für den Einsatz von Nato-Jagdflugzeugen.

Mit der bisherigen Rechtsprechung ist diese Ansicht schlecht vereinbar. Im Karlsruher Awacs-Urteil von 1994 hat das Gericht bereits die bloße Beobachtung des Luftraumes als „bewaffneten Einsatz“ angesehen. Es wäre auch wenig praktikabel, wenn das Parlament über Bundeswehreinsätze erst entscheiden dürfte, wenn die Kämpfe bereits laufen. Besänftigend erklärte die Bundesregierung gestern, dass sich die Wahrscheinlichkeit von Angriffen auf die Türkei „noch weiter verringert“ habe, nachdem das Land die Stationierung von US-Truppen verweigert habe. CHRISTIAN RATH