Hinreißendes Klangparfüm

So war‘s: Leif Ove Andsnes mit der Deutschen Kammerphilharmonie zwischen Poesie und Unruhe

Wie gut, dass man auch noch Unterschiede feststellen kann bei den so oft wunderbaren Konzerten der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen.

Während der 32-jährige norwegische Pianist Leif Ove Andsnes Mozarts äußerst selten gespieltes B-Dur-Konzert KV 456 recht trocken abspulte, ohne Klangfarben, ohne Poesie, ließ er diese prickelnde Rhetorik der Zugabe von Joseph Haydn in erstaunlich hohem Maße zukommen.

Auch in der Orchesterbegleitung unter der Leitung von Daniel Harding haperte es an jenen Funken, die sonst so oft sprühen und die gerade diesem Konzert, das mehr Einfälle aneinanderreiht als jedes andere von Mozart, besonders gut angestanden hätten. Das war gut – es spielte ja die Deutsche Kammerphilharmonie. Aber vom Stuhl riss es niemanden an diesem Abend, der mit dem seltsamen Streichorchesterwerk „Apollon Musagète“ von Igor Strawinski angefangen hatte.

Dieses 1927 geschriebene überirdisch schöne tonale Werk, das als Ballett den Möglichkeiten des Streicherklanges huldigt, hat vielleicht doch ein paar mehr Ecken und Kanten als in dieser Aufführung, mit der sich Daniel Harding für so eine Art Klangparfüm – selbstverständlich zum Teil hinreißend – entschied.

Das Orchester ist Beethovenerfahren, die fünfte Sinfonie indes hatten sie noch nie gespielt. Obschon bei der wunderbar transparenten Besetzung Harding sehr auf strukturelle Spielweise achtete, verführte es ihn doch immer wieder zu aufgesetzter Unruhe und Hetze.

Schon die beiden großen Fermaten am Anfang des erstens Satzes überspielte er großzügig und verpuffte mit einer nicht mehr ausreichend kontrollierten Dauerkraft die dramaturgischen Möglichkeiten vieler Kontraste, über die auch dieser plebejisch mitreißende Gestus des 1804 entstandenen Werkes durchaus verfügt.

Ute Schalz-Laurenze