kneipenkrise : Preise runter!
Von wegen Frustsaufen! Die Krise Berlins – seit Jahren Minuswachstum und fast 20 Prozent Arbeitslosigkeit – ist jetzt endgültig auch in den Kneipen, Gaststätten und Bars der Stadt angekommen: Um mehr als 10 Prozent ging im Januar der Umsatz des Berliner Gaststättengewerbes im Vergleich zum Vorjahr zurück. Tendenz gleich bleibend negativ.
Kommentar von RICHARD ROTHER
Das alles ist kein Wunder. In Zeiten der Krise und schmaler werdender Portemonnaies sparen die Menschen, wo sie können. Auf Essen kann man nicht verzichten, auf Essengehen schon.
Dennoch machen es sich Wirte zu einfach, würden sie den anhaltenden dramatischen Umsatzrückgang allein auf die miese Stimmung in der Stadt zurückführen. Zum Teil nämlich sind die Kneipiers selbst schuld. Wer vor einem Jahr so manchen D-Mark-Preis 1:1 in Euro umgerechnet hat, braucht sich nicht zu wundern, dass die Leute Restaurants meiden, als wären sie über Nacht Kostverächter geworden. Und wer einen Espresso für 1,60 Euro, ein Glas Wein oder Bier für 3,50 Euro und mehr anbietet, muss nicht staunen, wenn sich die Gäste stundenlang an einem Getränk festhalten.
Insofern könnte die Kneipenkrise aber auch eine Chance sein: Die Wirte müssen endlich begreifen, dass sich das Preisniveau der Gastronomie den wirtschaftlichen Realitäten der Stadt anpassen muss – und nicht umgekehrt. Damit mehr Gäste kommen, damit weniger Kellnerinnen entlassen werden. Und damit es wieder Spaß macht, eine der schönsten Fragen des Tages zu beantworten: „Wo gehen wir denn heute Abend hin?“
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