: Einfach mal am Auspuff riechen
Die BVG suchte den Superbus. Sie hat ihn gefunden: 25 neue Diesel-Fahrzeuge säuseln künftig über Berlins Straßen – superleise, supersauber. Doch 600 sind immer noch Dreckschleudern
VON MICHAEL SITTIG
Gestern ließ sich Berlin erst einmal feiern. Die Verkehrsbetriebe haben 25 neue, sehr umweltfreundliche Dieselbusse des Herstellers Volvo in Betrieb genommen. Die Fahrzeuge fahren mit dem derzeit anspruchsvollsten Abgasstandard EEV. „Die Busse erreichen eine Abgasqualität, die sogar die für das Jahr 2008 vorgeschriebenen europäischen Abgasnormen bei weitem unterschreitet“, sagte Hans-Heino Dubenkropp, Vorstandsmitglied der BVG, auf der Präsentation im Betriebshof Zehlendorf. Zwar sind Worte wie „Abgasqualität“ sinnfrei, erschließen sich aber vielleicht bei einer Probefahrt: Die 25 Sauberbusse fahren zunächst auf den Strecken der Linien 112, 117, 118, 170, 184 und 211. Sie tragen auf der Außenseite den Slogan „… psst, natürlich mobil“.
Dieselfahrzeuge ohne Filter gelten als Dreckschleudern. Das Einatmen der von einem Dieselfahrzeug ausgestoßenen Rußpartikeln kann zu Erkrankungen der Atemwege sowie zu Herz-Kreislauf-Problemen führen. Einer Studie des Umweltbundesamtes zufolge sind Dieselabgase mit dafür verantwortlich, dass pro Jahr rund 14.000 Menschen in Deutschland sterben. 1.000 BVG-Busse haben bereits Rußfilter, die gesundheitsschädlichen Staub nahezu vollständig herausfiltern, 600 fahren noch ohne.
Die 25 neuen Busse gelten auch als besonders leise. „Sie verursachen nur halb so viel Lärm wie gegenwärtig erlaubt“, lobte Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) die von seinem Ministerium unterstützte Neuanschaffung. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau hat der BVG für den Kauf der Busse einen zinslosen Kredit gewährt. Nach Angaben von Hartmut Holling, Leiter der deutschen Volvo-Busabteilung, kostet der neue Bus 220.000 Euro. Die Abgastechnik mache 20.000 Euro Mehrkosten im Vergleich zu den herkömmlichen BVG-Bussen aus.
Aber auch die Superbusse verhindern nicht, dass Berlin im nächsten Jahr mit den europäischen Standards für Luftreinhaltung Probleme bekommen wird. „In rund 50 Berliner Straßen werden die Werte überschritten werden“, prognostiziert Axel Friedrich vom Umweltbundesamt. „Auf so stark genutzten Straßen wie der Leipziger Straße oder der Frankfurter Allee wird der Grenzwert in 2005 sicher überschritten“, sagt Martin Schlegel vom BUND Berlin.
Bei Umweltsenator Peter Strieder sind unterdessen wenig Bemühungen zu erkennen, dagegen etwas zu tun. Wie sich am Rande der gestrigen Bus-Präsentation ergab, will Strieders Referatsleiter für Umweltpolitik, Manfred Breitenkamp, die Grenzwerte für Rußfilter ab dem Jahr 2005 noch einmal inhaltlich angreifen. Es müsse berücksichtigt werden, dass gesundheitsschädigender Feinstaub nicht nur durch Verkehr entsteht, sondern beispielsweise auch durch Waldbrände. Das müsse bei der Höhe der Grenzwerte bedacht werden. Auf die Frage, ob in den schwerstbetroffenen Straßen 2005 nicht Maßnahmen wie Fahrverbote oder Tempobeschränkungen ergriffen werden müssten, antwortete Breitkamp nicht.
Wolf-Albrecht Hoffmann, Ministerialrat im Bundesumweltministerium, warf dem Senat vor, sich zu spät auf die strengeren Abgaswerte eingestellt zu haben. „Spätestens seit 1999 sind die Werte bekannt. Es kann nicht sein, dass jetzt wieder über den Sinn der Normen diskutiert wird, wo wir kurz vor der Umsetzung stehen.“