: Friesisch muss sein
Die Gemeinden Nordfrieslands wollen als Minderheit ihre Sprache nach außen symbolisch zeigen. Deswegen gibt es Friesisch als Schulfach, mehrsprachige Straßenschilder und Ansagen in Zügen
„Bräist“ steht auf einem Extra-Ortsschild an der Einfahrt der Kleinstadt Bredstedt in Nordfriesland: Viele Gemeinde in der Region weisen inzwischen schon an der Straße auf ihre Mehrsprachigkeit hin und geben neben dem hochdeutschen auch den friesischen Namen an.
Der Weg dorthin war lang, erinnert sich Ingwer Nommensen, Vorsitzender des Friesenrats, der Vertretung der Friesen: „Wir haben viele Gegenargumente gehört: Die doppelten Schilder würden Autofahrer verwirren, die Namen seien unklar.“ Aber die Minderheit blieb hartnäckig und fand politische Unterstützung, vor allem bei der Minderheitenpartei Südschleswigscher Wählerverband (SSW).
Seit 2004 gibt es das „Gesetz zur Förderung des Friesischen im öffentlichen Raum“, das doppelte Ortsschilder und mehrsprachige Hinweistafeln in Amtsgebäuden vorsieht. An den Bahnhöfen zwischen Husum und Sylt werden die Haltestellen auf Friesisch und Hochdeutsch ausgerufen, Schilder klären Reisende darüber auf, dass sie in einem Gebiet mit vielen Sprachen gelandet sind: Neben den Amtssprachen Hochdeutsch und Friesisch verwenden die Einwohner des Kreises Nordfriesland Plattdeutsch, Dänisch und den dänischen Dialekt Sonderjysk. „Das ist für viele Menschen ein Grund, die Gegend zu besuchen. Und für uns als Minderheit ist es wichtig, die Sprache nach außen hin symbolhaft zeigen zu können.“
Daran etwas zu ändern, nur weil Ortsfremde zweimal hinschauen müssen, hält der Nordfriese für einen falschen Weg. „Dann könnte man gleich alles in Englisch beschildern, oder noch besser auf Chinesisch – das beherrschen weltweit am meisten Menschen.“ Rund 10.000 aktive Friesisch-Sprechende gibt es, etwa 20.000 verstehen die Sprache. Als Friesen fühlen sich etwa 50.000 Menschen. „Wir gehören zu den Minderheiten ohne eigenes Staatsgebiet“, sagt Nommensen. Der Kampf um die Bewahrung der eigenen Sprache sei daher nie mit dem Streben nach politischer Unabhängigkeit verbunden, wie es bei anderen Minderheiten der Fall ist.
Damit die Zahl der Sprachverwender nicht geringer wird, können Kinder in Nordfriesland in den Grundschulen inzwischen Friesisch lernen. Das Angebot wurde bisher gut genutzt, seit drei Wochen ist Friesisch sogar als Schulfach zugelassen. Parallel sorgt sich die Minderheit um die Ausbildung der Friesisch-Lehrkräfte: Die war bisher an der Universität Flensburg angesiedelt, wurde jedoch aus dem Programm der dortigen Germanisten geworfen. Und auch bei Grundschulen droht der nächste Konflikt: Hier konkurriert die Minderheitensprache mit Englisch. Beides auf einmal sei Eltern dann doch zu viel. EST