kommentar : Die UNO braucht Bündnispartner – und die Bundesregierung kommt wieder zu spät
Mit den militärischen Erfolgen der Invasionstruppen im Irak steigen die Spannungen zwischen den USA und Großbritannien. Der Konflikt zwischen den Regierungschefs George W. Bush und Tony Blair ergibt sich aus unterschiedlichen Vorstellungen über die Verwaltung des Irak nach dem Sturz Saddams. Die USA stellen sich eine von der UNO abgenickte Administration vor, die ihre Befehle aus Washington empfängt. Großbritannien setzt auf eine irakische Regierung unter Aufsicht der UNO.
Damit kehrt die Vorkriegskonfrontation zwischen den USA und der UNO zurück – mit dem Unterschied, dass die USA ohne nennenswerte Bündnispartner dastehen werden. Die britischen Versuche, den Einfluss der USA einzudämmen und der UNO eine Rückkehr in den Irak zu erlauben, machen nicht vergessen, dass Tony Blair den Krieg gegen den Willen der internationalen Gemeinschaft vorangetrieben hat. Doch nach einem militärischen Sieg der Koalition wird der Juniorpartner wenig zu sagen haben. Dann ist die Aufgabe Großbritanniens erledigt, den Irakkrieg nicht als reines US-Projekt erscheinen zu lassen. Stärkt aber Blair die UNO, stärkt die UNO auch Blair. Das hilft ihm innen- und nützt ihm außenpolitisch: als Wiederannäherung an Frankreich und Deutschland. Schon machte sich Blairs Außenminister Straw auf zu seinem Kollegen Joschka Fischer. So weit die Diplomatie.
Ärgerlicherweise will die Bundesregierung aber derzeit noch nicht über den Wiederaufbau reden. Und wiederholt damit den Fehler, den sie schon in der Vorkriegszeit beging: So, wie sie sich über Monate hinweg nicht ausreichend um ein Bündnis der Kriegsunwilligen bemühte, sondern eher unkoordiniert zum Bestandteil der Achse Paris–Berlin–Moskau wurde, hält sie sich jetzt aus den Zukunftsplanungen für den Irak heraus. Und das, obwohl die UNO das Walten der Amerikaner unbedingt einschränken muss, um den Irak nicht zum Selbstbedienungsladen für Washington werden zu lassen. Dabei hatte die Bundesregierung die UNO nach deren Versagen in Bosnien durch kluges Agieren darin unterstützt, im Kosovo wieder ins Spiel zu gelangen.
Halten die „Unwilligen“ jetzt still, droht die Gefahr, dass der UNO im Irak nur zwei Optionen bleiben. Entweder wird sie, vom „Oil for Food“-Programm abgesehen, ganz aus dem Land gedrängt. Oder aber sie wird von den USA instrumentalisiert, ohne mit eigenem Profil auftreten zu dürfen. Gegen beide Varianten hilft nur eine aktive Bündnispolitik. Dann wird sich auch erweisen, wie ernst es die Briten mit einer Stärkung der UNO wirklich meinen. DIETMAR BARTZ