: Jetzt geht’s Star und Kiebitz an die Federn
Auch die Bestände vieler bisher häufiger Vogelarten nehmen ab, warnt das Bundesamt für Naturschutz. Die Gründe: Der Flächenverbrauch wächst, und das Klima ändert sich. Die Bauern müssten den Vögeln mehr Raum lassen, fordert die Behörde
VON SVEN-MICHAEL VEIT
Vögel werden in Deutschland immer seltener. Und selbst der Bestand der häufig vorkommenden Vogelarten ist deutlich geringer geworden. „Jede dritte häufige Vogelart nahm zwischen 1990 und 2006 im Bestand ab“, sagte die Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz (BfN), Beate Jessel, am Dienstag in Bonn bei der Vorstellung des Statusberichts „Vögel in Deutschland 2008“.
Diese Studie hat das BfN gemeinsam mit dem Dachverband Deutscher Avifaunisten (DDA) und der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten erstellt. Es fasst das bundesweite Vogelmonitoring zusammen, das auf zumeist ehrenamtlichen Feldforschungen von Naturschutzverbänden basiert. Die beiden Hauptfaktoren für den Rückgang der Bestände sind der zunehmende Flächenverbrauch und der Klimawandel.
Von den 100 häufigsten Arten bei Brutvögeln müssten jetzt 20 als gefährdet eingestuft werden, sagte Jessel. Darunter fielen selbst viele bislang häufige Arten wie Kiebitz, Bluthänfling und Star: „Das ist ein alarmierendes Zeichen.“
Nach wie vor schlecht gehe es bodenbrütenden Feldvögeln, sagte Jessel: „Ihre Situation wird sich ohne ein entschiedenes Gegensteuern vor allem in der Agrarpolitik weiter verschärfen.“ Der DDA-Vorsitzende Stefan Fischer fürchtet, dass der zunehmende Anbau nachwachsender Rohstoffe die Situation für Wiesenbrüter wie Feldlerche, Grauammer und Stieglitz noch schwieriger mache. „Einen staatlichen Rettungsschirm für heimische Brutvögel“ fordert gar Stefan Jaehne von der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten. Sonst lasse sich „der freie Fall einiger unserer ehemals häufigsten Arten, vor allem in der intensiv genutzten Kulturlandschaft, nicht mehr stoppen“. Artenreiche Brachflächen und wenig rentable Standorte würden derzeit großflächig in Monokulturen umgewandelt, so Jaehne. Zudem müssten Feuchtgebiete erhalten und neue angelegt werden, um ein Aussterben weiterer Arten zu verhindern.
Der Klimawandel zeigt sich am deutlichsten an der Ostsee und im Wattenmeer an der Nordseeküste. Laut Statusbericht würden immer mehr Wasservögel im europäischen Nordosten überwintern, wo es ihnen früher zu kalt war. Deshalb würden die Rastbestände vergleichsweise kälteunempfindlicher Arten, wie etwa der Stockente, in Deutschland und Westeuropa kontinuierlich abnehmen. Sie hätten, so Jessel, ihre Zugwege verkürzt und blieben vermehrt in Skandinavien und Russland.
Der Naturschutzbund (Nabu) forderte deshalb „einen Aktionsplan für das in seiner Existenz bedrohte Wattenmeer“. Rückzugsräume für wandernde Tierarten müssten so erhalten werden, dass sie bedrohten Arten auch im Klimawandel nützten.