piwik no script img

Archiv-Artikel

Noch fehlt der Beweis, dass privat gleich billig ist

Grüne, SPD und PDS in Köln zögern noch, öffentliche Aufgaben wie die Sanierung von Schulen aus der Hand zu geben. Die Stadtverwaltung und die CDU setzen auf Public Private Partnership (PPP): die Kooperation zwischen Kommune und Privatwirtschaft, über die heute im Stadtrat diskutiert wird

KÖLN taz ■ Farbe blättert von den Wänden, Heizungen brauchen zu viel Öl, Fenster sind undicht: Viele Kölner Schulen müssen dringend saniert werden. Darin sind sich alle Ratsparteien einig. Nur wie – darüber wird bei der Ratssitzung am heutigen Donnerstag heftig diskutiert werden.

Verwaltung und CDU setzen auf „Public Private Partnership“ (PPP), die Zusammenarbeit von öffentlicher Hand und Privatwirtschaft (s. Kasten), die Grünen melden dagegen noch Klärungsbedarf an: „Wir wollen wissen, ob PPP für die Stadt wirklich billiger ist, als wenn man die Schulen wie bisher selbst saniert“, sagt Jörg Frank, der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Stadtrat. „Und es muss vorher klar sein, wie man vertragliche Zusagen der Unternehmen effektiv kontrolliert.“

Ende Januar hatte Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) für Aufregung bei den Grünen gesorgt, als er per Dringlichkeitsantrag schon erste Schritte in Sachen PPP einleiten wollte (taz berichtete). „Das ist jetzt vom Tisch“, sagt Frank.

Bisher ist die städtische Gebäudewirtschaft Betreiberin der Schulen, schreibt Sanierungsaufträge aus und koordiniert deren Durchführung. Wird Public Private Partnership eingeführt, kümmert sich die Gebäudewirtschaft allenfalls zu Beginn um die Auftragsvergabe und prüft die eingeholten Angebote auf ihre Wirtschaftlichkeit. Dabei müssen die Unternehmen beweisen, dass sie kostensparender arbeiten als das städtische Unternehmen.

Ortsansässige Firmen

100 Millionen Euro privates Kapital hofft man durch PPP für die Schulsanierung zu mobilisieren. Zunächst in Form eines „Expressloses“ im Wert von 30 Millionen Euro. Damit sollen Sanierungsvorhaben an acht Schulen bis Ende 2004 angeschoben werden. Angelika Winkin, schulpolitische Sprecherin der Grünen, bezweifel das: „Ich kann dem Modell noch gar nicht zustimmen, denn ich weiß nicht, ob das neue Verfahren wirklich schneller ist.“ Die Vorlaufzeiten für das Genehmigungsverfahren würden sich aller Wahrscheinlichkeit nach in die Länge ziehen. „9 oder 12 Monate bis zum Sanierungsbeginn halte ich für eine Illusion. Realistischer betrachtet, sind es vier Jahre“.

Stimmt der Rat dem „Expresslos“ zu, plant die CDU auch ein mittelstandsfreundliches „Handwerkerlos“. Es zielt mit der Dotierung von 5 Millionen Euro auf ortsansässige Handwerksunternehmen. Die restlichen 65 Millionen sollen in unterschiedlichen Losgrößen vergeben werden, um rund 30 städtische Schulen zu sanieren. Die normale Schulsanierung mit einem Budget von 32 Millionen Euro für 2004 läuft unterdessen weiter.

Bauchschmerzen machen Winkin die Verträge über rund 25 Jahre, denn Sanierungsvorhaben entzögen sich damit jeglicher politischer Lenkung durch den Stadtrat. „Das können wir vor unseren Kindern nicht verantworten.“ PDS-Ratsmitglied Jörg Detjen ist strikt gegen Schul-PPP: „Die Folgekosten langfristiger Verträge sind unabsehbar. Durch steigende Nutzungsgebühren können enorme Kosten auf die Stadt zukommen.“

Problemfall Container

Dem PDS-Politiker leuchtet auch nicht ein, warum Reinigungs- und Hausmeisterdienste privatisiert werden sollten: „Das können doch, wie bisher, die Stadtangestellten machen.“ Detjen sieht noch viele Fragen offen: „Man weiß noch nicht einmal, ob dafür Landesmittel zur Verfügung stehen, wie die CDU behauptet. Und wenn ja, in welcher Höhe?“

SPD-Fraktionsgeschäftsführer Michael Zimmermann wäre schon froh, wenn er eine gültige Beschlussvorlage zu sehen bekäme: „Mir liegt für den 12. Februar nichts vor. Bei den vielen offenen Fragen kann ich doch nicht einfach ad hoc am Ratstisch entscheiden.“ Grundsätzlich sei die SPD für Public Private Partnership. Die Verwaltung müsse aber eine präzise Kosten-Nutzen-Rechnung präsentieren.

Ganz andere Fragen beschäftigen Josef Bünger von der Schulpflegschaft der Kölner Grundschulen. „Ich verstehe die Kriterien nicht, nach denen die Schulen für das ‚Expresslos‘ ausgesucht wurden. Dass es beim Schulzentrum Merianstraße in Chorweiler drängt, kann ich nachvollziehen. Dort müssen schnellstens die alten Klassencontainer aus den Siebzigerjahren abgerissen und neue Klassenräume gebaut werden. Aber an der Realschule Dellbrücker Mauspfad gibt es meines Wissens keine schwer wiegenden Missstände.“ Warum man nicht die dringendsten Sanierungsfälle in das ‚Expresslos‘ packt, und warum die Elternpflegschaft dazu nicht gehört wurde, das wüsste Bünger nur allzu gerne. INGRID BÄUMER