Salami für Windmüller
Branchen-Dienstleister wirbt mit Seminar über Schlupflöcher bei Genehmigungen für Windräder
Hamburg taz ■ Die Tagesordnung liest sich so, als würden die Juristen der Hamburger Airbus-Niederlassung die Expertise weitergeben wollen, die sie beim Kampf um die Werkserweiterung in einem Naturschutz- und Obstbaugebiet gewonnen haben: „Wahl des ‚richtigen‘ Genehmigungsverfahrens“, „Aufsplittung des Vorhabens in Einzelanlagen (‚Salami-Taktik‘)“, „Was tun, wenn der Nachbar klagt oder der Genehmigungsantrag abgelehnt wird?“, „Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen“. Doch das Seminar in der Handelskammer Hamburg richtete sich mitnichten an wild gewordene Flugzeugbauer, sondern an eine Ökobranche mit Vorzeige-Charakter: die Erbauer von Windkraftanlagen.
„Der Inhalt dieses Seminars macht erschreckend deutlich, dass es den Windkraftbetreibern keinesfalls um den immer wieder angeführten und vorgeschobenen ‚Klimaschutz‘ geht, sondern ausschließlich um ihre Gewinnerwartung aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz und sie dafür bereit sind, ohne Rücksicht auf die Landschaft oder die Anwohner ihre Ansprüche durchzusetzen“, kommentierte der Wattenrat Ostfriesland.
Für Carlo Reeker vom Bundesverband Windenergie (BWE) zeigt das Seminar „deutlich unseren Verwaltungsdschungel in Deutschland“. Ein Vorgehen, wie es die Tagesordnung suggeriert, empfiehlt er seinen Mitgliedern nicht. „Wer meint, da irgendwelche Schlupflöcher suchen zu müssen und durch die Hintertür eine Genehmigung einklagen zu können, der tut sich keinen Gefallen“, sagt er. Nach den Erfahrungen des BEW sei es für die künftigen Anlagenbetreiber am besten, wenn sie das Genehmigungsverfahren möglichst transparent gestalteten.
Es sei darum gegangen, „ein trockenes Thema so marktschreierisch wie möglich“ anzupreisen, räumt Martin Tschierschke vom Branchendienstleister smart dolphin ein. Das Fazit der von seiner Firma organisierten Veranstaltung sei aber gewesen: „Lassen Sie die Salamitaktik sein – das bringt nur Ärger und ist schädlich.“
Sich etwa vor einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu drücken, indem man statt eines Windparks lauter Einzelanlagen genehmigen lasse, führe bloß zu Rechtsunsicherheiten. Und möglicherweise auch zum „worst case für Planer: Er steckt seine Energie rein und darf dann nicht bauen.“ Gernot Knödler