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Archiv-Artikel

kucken se ma: auf bremens leinwand Die akzeptierte Kamera: „Bruno Ganz – Behind me“

Von kli

Die vorwiegende Einstellung: halbnah. Bruno Ganz, wie er als Faust unter der Regie von Peter Stein mit dem Teufel parliert, um ihm klar zu machen, dass er sich von weltlichen Gelüsten schon mal gar nichts verspreche. Oder Ganz, wie er im Tonstudio sitzt und T.S. Elliots „Das wüste Land“ spricht – besonnen, konzentriert, voller Demut vor dem Text. Oder die Fotografin Ruth Walz, seine Lebenspartnerin. Ganz hält in dieser Sequenz selbst die Kamera und kommentiert aus dem Off, wie Walz Fotos von früher zeigt, freut sich über Momente mit Klaus-Michael Grüber im Theater oder mit Peter Handke in der Sonne auf einer Berghütten-Terrasse.

Ein Porträtfilm, bei dem der Porträtierte selbst die Kamera führt – das läuft gegen die Konventionen. Ebenso unkonventionell an Norbert Wiedmers „Bruno Ganz – Behind me“ ist der weitgehende Verzicht auf die Erläuterung der Bilder durch eine Stimme aus dem Off. Nichts wird erklärt, eingeordnet, es gibt keine Chronologie und keine Darstellung eines Werdegangs. Die Aufnahmen sind da, um allein für sich zu sprechen. Entstanden ist so keine Biographie, sondern ein Protokoll der Arbeiten, die Bruno Ganz in den Jahren 1999 bis 2002 ablieferte inklusiver kleiner Einsprengsel aus der Vergangenheit. Nebenbei: Ganz‘ Bremer Zeit berücksichtigt der Film nicht.

Entstanden ist so eine Huldigung an Bruno Ganz, ein Film, der neben dem großen Bühnenspezialisten für die Einsamkeit einen Menschen zeigt, der sehr genau weiß, was er kann und doch die ganze Zeit auf Bescheidenheit pocht: „Ich merke jetzt, dass ich das Stück absolut nicht verstanden habe“ sagt Ganz in Bezug auf seine Rolle als Faust bei Peter Steins Inszenierung von „Faust I und II“. Das hört sich nach Koketterie an, trotzdem nimmt man es Ganz ab: Seine Ernsthaftigkeit in künstlerischen Fragen beglaubigt Wiedmer durch seine Proben-Aufnahmen, seine Ernsthaftigkeit als Mensch wird deutlich, wenn der Privatmann Ganz Wiedmers Kamera höchstens akzeptiert, nie aber hofiert. Ganz ist kein Medienmensch, und gerade das macht „Behind me“ interessant: Man mag Ganz in privaten Szenen zuschauen, weil er nicht darum buhlt, angeschaut zu werden. Im Gegenteil.

Bei aller grundsätzlichen Zurückhaltung des Regisseurs – eine durchaus sentimentale Setzung macht Wiedmer dann doch: „Behind me“ beginnt mit Ganz am Meer, zwischen den Proben-, Aufführungs- und Preisverleihungsszenen schneidet Wiedmer immer wieder nach Venedig, wo Ganz eine Wohnung besitzt, und ebenda im Angesicht der morbide-romantischen Stadtkulisse endet der Film auch. Der alternde Schauspieler und das Meer: Ganz wird in diesen Szenen zur unerreichbaren Künstler-Ikone, die nur in der Einsamkeit und in der Kunst bei sich ist. Schiffe kommen, Schiffe gehen, nur Touristen, Touristen gibt es in Ganz‘ Sphäre keine. kli

im Kino 46, Donnerstag bis Dienstag um 18 Uhr