: Reporter freigesprochen
Radio-Journalist siegt nach langem Rechtsstreit. Essener Justiz verliert vor dem Oberlandesgericht Hamm
RUHR taz ■ Ein frei gesprochener Reporter von „Radio Essen“ geht nach seiner Rehabilitierung zum Gegenangriff über. Nach monatelangem Rechtsstreit war der Journalist Dirk Hämmerling im Dezember 2003 vom Vorwurf der Strafvereitelung freigesprochen worden. Das Oberlandesgericht Hamm verwarf Urteile der Essener Richter, wonach Hämmerling den Polizeifunk abgehört und danach jugendliche Graffitisprayer vor den Ordnungshütern gewarnt haben soll (3 Ss 625/03). „Das war ein Justizskandal“, sagt Dirk Hämmerling. Deshalb habe er Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die leitende Essener Oberstaatsanwältin Marlis Hampel eingelegt und Strafanzeige wegen „vorsätzlicher Ermittlungsfehler“ gestellt.
Hämmerling ist Polizeireporter, „aber kein Sensationsjournalist“, sagt der erfahrene Journalist. Als „rasender Reporter“ bei privaten Rundfunksendern berichtet Hämmerling seit Jahren über Verbrechensfälle. Kollegen beschreiben ihn als Gerechtigkeitsfanatiker. „Ich arbeite mich in die Fälle ein, recherchiere gründlich“, sagt Hämmerling. In den vergangenen Jahren deckte er auch Verfehlungen innerhalb der Strafverfolgungsbehörden auf. Randalierende Zivilbeamte in einem Fastfood-Restaurant, Tierquälerei auf einer Polizeiwache – Hämmerling hat sich bei den Ordnungshütern offenbar Feinde gemacht. „Meine Berichte waren einigen Polizisten ein Dorn im Auge“, sagt Dirk Hämmerling.
Vor knapp zwei Jahren stürmten Polizeibeamte die Wohnung des völlig überraschten Reporters. Sein Arbeitsmaterial wurde beschlagnahmt, die Staatsanwaltschaft brachte äußerst konstruierte Anklagepunkte vor, Richter fällten ein hartes Urteil. Was klingt wie die Justizpraktiken einer Bananenrepublik, ist Dirk Hämmerling widerfahren. Ende November 2002 wurde er vom Amtsgericht Essen zu einer Geldstrafe von 3.000 Euro verurteilt. Angeblich soll Hämmerling Graffitisprayer über einen drohenden Polizeieinsatz informiert haben. Während die jungen Wandmaler gar nicht angeklagt wurden, kam Hämmerling vor den Kadi. Der Vorwurf: versuchte Strafvereitelung für eine Straftat, die jedoch gar nicht passiert ist. Nach der Revision vor dem Essener Landgericht hat das Oberlandesgericht Hamm dem Spuk jetzt ein Ende gemacht. „Eine Strafvereitelung setzt voraus, dass ein anderer wegen einer rechtswidrigen Tat bestraft wird“, schrieben die Oberlandesrichter der Essener Justiz ins Stammbuch.
Unterdessen sind die Ermittlungsmethoden der Essener Staatsanwälte ihrerseits Gegenstand juristischer Erörterungen geworden. „Meine Beschwerde läuft“, sagt Hämmerling. Wer wie die Essener Strafverfolger offenbar rechtsstaatswidrige Ermittlungen betreibe, müsse zur Rechenschaft gezogen werden, sagt der Journalist. Nach Zurückweisung der Beschwerden durch den Generalstaatsanwalt liegt der Protest gegen die Strafverfolger jetzt beim nordrhein-westfälischen Justizministerium. Der taz bestätigte ein Ministeriumssprecher den Eingang der Beschwerde. Bis Ende Februar wird eine Entscheidung erwartet. MARTIN TEIGELER