: Kein Klo im Flieger
Vor genau 75 Jahren startete die „Bremen“ von Irland aus zur ersten West-Ost-Überquerung des Atlantik – ein Jahr nach Lindbergh. Gestern stieg wieder eine „Bremen“ gen Westen in die Lüfte
taz ■ Gestern hat er noch zwei Bananen und zwei Äpfel gefrühstückt und sich dann auf den Weg nach Kanada gemacht. „Das ist genau die richtige Fliegernahrung“, sagt Volker Schmidt, der 1. Vorsitzende von „Wir holen die Bremen nach Bremen“. Um genau die „Bremen“ geht es. So heißt nämlich das Flugzeug, eine Junkers W 33, die gestern genau vor 75 Jahren zum ersten Mal von West nach Ost den Atlantik überquerte – und jetzt silberglänzend in der „Bremen“-Halle des Flughafens steht.
Die Tour, die vom Flughafen aus startet, ist hoch symbolisch – und hat viel mit Sponsoring zu tun: Es treten jede Menge Firmen auf, deren Namen hier jedoch nicht genannt werden werden. Dementsprechend viele Logos kleben auf der Maschine, die am Donnerstag früh noch im Hangar der Lufthansa-Flugschule stand. Es ist eine funkelnagelneue Maschine namens – na? – natürlich „Bremen“, die, wie die „Bremen“ damals, auch nur einen Propeller hat (der natürlich leicht über dem Atlantik spotzen und ausfallen kann).
Sonst aber ist der Flug eigentlich viel weniger aufregend als zu Zeiten der Weimarer Republik. Eines der wenigen Probleme der Jubiläums-Tour spricht die Pilotin Margit Waltz an, die schon 560 Atlantik-Flüge auf dem Buckel hat: „Wir Mädels machen’s durch die Augen, ihr Jungs müßt euch ’ne Flasche mitnehmen.“
Immerhin gibt es auch 75 Jahre nach dem dramatischen Erstflug, auf den ganz Bremen damals bannig stolz war, kein Klo im Flieger. Und: Es gibt ja Zwischenstopps. Zuerst geht’s nach Baldonnel in Irland, wo 1928 alles begann. Dann hüpfen die Bremer nach Island, um erst am kommenden Samstag in der Nähe von Greenly Island zwischen Neufundland und Labrador zu landen – dem Ort der grandiosen Fehllandung der „Bremen“ damals. Weil nämlich der Kompass verrückt spielte und es noch kein GPS gab, setzten drei tollkühne Männer in ihrer fliegenden Kiste nicht auf dem Flughafen von New York auf, wo schon 150.000 Menschen warteten, sondern in der Nähe eines Leuchtturms auf Greenly Island in Kanada. Nach 36 Stunden Flug – diesmal werden die Flieger nur noch netto 12 Stunden benötigen.
Zurück zu Volker Schmidt. Für den ungefähr Mittfünfziger hat alles viel mit seiner Neigung zu Ehrenfried Günther Freiherr von Hünefeld zu tun. Dessen Großtat, die erste Überquerung des Atlantiks von rechts auf der Karte nach links auf der Karte (Achtung: Gegenwinde!) ist nämlich auf einer Tafel links neben dem Eingang des Bremer Rathauses verewigt. Als der stämmige Schmidt sich die Tafel Anfang der neunziger Jahre genauer anschaute, fiel ihm auf, dass dieser Hünefeld ja demnächst seinen 100. Todestag hätte. Genauer: Am 1. Mai 1992. Weil er Juwelier ist, dachte sich Schmidt: Da entwerfe ich eine Fliegeruhr, die „Hünefeld“ heißt. Und weil das noch nicht genug war, versuchte er noch mehr mit dem in Bremen hochverehrten Label „Hünefeld“ auf die Beine zu stellen. Und so gründete Schmidt den Verein „Wir holen die Bremen nach Bremen“ – und holte die „Bremen“, die Hünefeld an die Amis verschenkt hatte und die in einem Museum in Michigan stand, nach Bremen. Und so meint Schmidt, der immer noch in Uhren und so macht, „Der Junge, der steuert mich von außen. Ich wiederhole alles und es klappt alles.“ Nein, Angst wie damals die „Bremen“-Flieger muss Volker Schmidt wohl nicht haben. Dennoch, wegen des einen Propellers besteht immerhin ein kleines Risiko. Ob der Tripp nach Kanada geklappt hat, erfahren wir am Samstag.Kai Schöneberg