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Archiv-Artikel

Bachelor – aber arbeitslos

Die neuen Bremer Studienabschlüsse haben noch Kinderkrankheiten: Der deutsche Arbeitsmarkt ist mit Diplomen vertrauter, und im Ausland gilt der Bachelor als nicht international genug

taz ■ Diplom und Magister – das war einmal. „Bachelor in System Engineering“ oder „Master of Science in Communication and Information Technologies“ heißen die Abschlüsse, die bereits jetzt an der Bremer Uni erworben werden können. 296 Master- und 305 Bachelor-Studierende waren im Wintersemester 2002/2003 eingeschrieben, verteilt auf 15 Studiengänge. Den Bachelor gibt es in der Regel nach drei Jahren, das ein- oder zweijährige Masterstudium sattelt darauf auf.

„In fünf bis zehn Jahren soll es nur noch solche zweistufigen Studiengänge geben“, sagt Michael Sabass, Experte für Lehre und Studium an der Universität Bremen. Zum Hintergrund: Bundesregierung und die Kultusminister der Länder sind sich darin einig, dass die deutschen Hochschulen die Zweistufigkeit wie in den angloamerikanischen Ländern einführen müssen, um international konkurrenzfähig zu sein. Durch ein einheitliches System soll der Wechsel an Hochschulen im In- und Ausland erleichtert werden.

Fast alle Studiengänge an der Uni bieten die internationalen Abschlüsse bereits an oder planen sie. „Aufhalten kann diese Entwicklung niemand“, sagt Sabass, aber vor allem die bisherigen Diplom-Studiengänge wie Elektrotechnik, Physik, Informatik und Produktionstechnik sträubten sich noch gegen die Umstellung. Die Befürchtung: Während ein Arbeitgeber an einem Diplom erkennen könne, dass die Bewerberin eine breite Ausbildung genossen hat und vielseitig einsetzbar ist, qualifizierten die Master-Abschlüsse nur für Spezialgebiete. Statt eines breit gefächerten Biologie-Studiums hat die Absolventin beispielsweise nur noch Biochemie studiert. Sabass: „Bisher konnte man sich in Deutschland mit einem Diplom in Biologie oder einem Ingenieurfach noch auf sehr viele Stellen bewerben“ – mit einem Master wäre das Berufsbild viel eingeschränkter.

Außerdem haben vor allem deutsche Bachelorabsolventen immer noch Probleme, ihre Abschlüsse im Ausland anerkennen zu lassen und zu einem weiterführenden Master-Studium zugelassen zu werden. Die Kritik: Der Bachelor ist kein vollständiges Studium mit einem eigenständigen Curriculum, sondern häufig ein verkürztes Magister- oder Diplomstudium.

Und wer nach dem Bachelor die Uni verlässt, weil ihm ein Master-Studium zu wissenschaftlich ausgerichtet ist, werde zurzeit noch „in die Wüste geschickt“, sagt Sabass. Das Problem: Die Absolventen würden mit den Fachhochschülern konkurrieren, die ebenfalls ein kurzes Studium hinter sich haben, dafür aber ein Diplom in der Tasche, das in Deutschland gut eingeführt ist. Solange es diese Abschlüsse parallel gibt, sei ein Bachelor-Studium ein Risiko, so Sabass.

Dabei findet der Studiums-Beauftragte es eigentlich sinnvoll, ein Bachelorstudium breiter anzulegen und den Studierenden die Möglichkeit zu geben, sich danach zu spezialsieren. Oder nicht vom ersten bis zum letzten Semester dasselbe Fach zu studieren, sondern sich nach einem Bachelor in Anglistik oder Politik für einen Master in European Labour zu entscheiden, wie es an der Universität möglich ist. Auch um für den Master in System Engineering zugelassen zu werden, ist kein Studium in einem bestimmten Fach vorgeschrieben, erklärt Sabass. Es reiche die Zwischenprüfung und zwei Semester in einem beliebigen naturwissenschaftlichen Fach. „Damit soll die Monodisziplinarität aufgehoben werden.“

Auch die Hochschule bietet seit ein paar Jahren Masterstudiengänge an, denen zum Teil mit Zertifikaten bescheinigt wird, die Standards für ein zweistufiges Studium zu erfüllen. Im Unterschied zur Uni richten sie sich allerdings in der Regel an Berufstätige, die sich weiterqualifizieren wollen. Und: Sie kosten Geld. Für einen zweijährigen Master of Buisiness Administration müssen zum Beispiel jährlich 12.980 Euro auf den Tisch gelegt werden – plus Reise- und Unterkunftskosten bei Auslandsseminaren.

Eiken Bruhn