MIT DEM KRIEG WURDE SADDAM GESTÜRZT. DOCH DAS RECHTFERTIGT IHN NICHT : Der manipulative Mittwoch
Sieger haben eine magische Anziehungskraft. Wer mag angesichts des Zusammenbruchs des Regimes Saddams und der Bilder jubelnder Iraker noch herummäkeln an der Befreiungstat der US-amerikanischen und britischen Streitkräfte? Selten war eine Message so manipulativ wie die vom Mittwoch. Es war eine gute Idee, die Saddam-Statue bis zum Eintreffen der Panzer stehen zu lassen und sie nicht vorher durch eine 500-Pfund-Bombe zu zermahlen. So fand sich eine Gruppe Iraker, nach Korrespondentenangaben zahlenmäßig den anwesenden Journalisten und GIs unterlegen, zum Jubeln – so wie sie noch vor zwei Wochen beim Auftauchen von Kameras Saddam hochleben ließen.
Genug der Polemik. Vieles spricht dafür, dass dieser 9. April tatsächlich für viele Iraker ein Freudentag war, an dem sich die Hoffnung auf ein Ende des Krieges, des Sterbens, der US-Bombardements, des Embargos mit Freude über das Ende eines diktatorischen Regimes gemischt hat. Eine nachträgliche Kriegslegitimation aber ist das nicht. Dass die militärisch hundertfach überlegene Supermacht das irakische Militär besiegen würde, hatte niemand bezweifelt. „Goodbye, Saddam Hussein“, hätte man auch schon bei Kriegsbeginn titeln können, aber das wäre zu Recht als Verherrlichung des Krieges ausgelegt worden. Was hat sich geändert, außer der Erkenntnis, dass das irakische Regime – und ergo auch die von ihm angeblich ausgehende kriegsbegründende Bedrohung – noch schwächer war als erwartet? Das spricht eher dafür, dass es auch mit politischen Mitteln leichter als gedacht möglich gewesen wäre, die Diktatur zu Fall zu bringen, ohne Krieg. Im Übrigen: Ein Blick in Iraks Krankenhäuser widerspricht dem Eindruck, dass der Krieg gar nicht so schlimm war – tausende verletzter und verstümmelter Menschen haben den 20.000 Tonnen abgeworfener Bomben nicht entgehen können. Und das sind die Überlebenden.
Der Krieg wird geführt, weil die Neokonservativen in Washington das so wollten. Dass er entschieden ist, macht ihn nicht gerechter. Und erinnert sich noch jemand, dass es angeblich einmal um Massenvernichtungswaffen ging? BERND PICKERT