: Schlusswort eines teuren Märchens
Landgericht verurteilt Millionenbetrüger Jürgen Harksen zu sechs Jahren und neun Monaten Gefängnis. Richter: Auch leichtfertige Betrugsopfer werden geschützt. Harksen nimmt das Urteil an: „Ich will das Thema hinter mich bringen“
von ELKE SPANNER
Das Luxusleben ist erst einmal vorbei. Jürgen Harksen wird seine Frau nicht zurück nach Kapstadt begleiten, wo die Familie neun Jahre lang ein feudales Leben führen konnte – auf Kosten anderer. „Mister Money“, der Anfang der neunziger Jahre rund 100 Anlegern mehr als 100 Millionen Mark aus der Tasche gezogen hatte, bleibt in Hamburg in Haft. Das Landgericht verurteilte ihn gestern wegen Betruges in Höhe von 28 Millionen Mark an drei Investoren zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten.
Sein Verteidiger Gerhard Strate hatte einen Freispruch verlangt. Die Geschichten, mit denen Harksen seine Kunden zu Investitionen in angebliche Ölgeschäfte bewegt hatte, seien „schlichter Spinnkram“ und zu offensichtlich gewesen, als dass man ihm einen Betrug unterstellen könnte. Für das Gericht aber kam ein Freispruch nicht in Betracht: Zwar seien Harksens Legenden tatsächlich „barer Unsinn“ gewesen, und im nachhinein betrachtet sei es unglaublich, dass „im Leben stehende, kaufmännisch nicht unbedarfte Personen“ darauf hereingefallen sind. Es sei aber zu einfach, deshalb den naiven Anlegern die Verantwortung für ihre Verluste zuzuschieben. Das würde übersehen, dass es Harksen gelungen war, „ein in sich schlüssiges System aufzubauen. Wer einmal reingeraten war, der war eigentlich schon verloren.“ Außerdem, so der Richter: „Es werden auch leichtfertige Opfer geschützt.“
Was sich Anfang der neunziger Jahre unter Hamburgs Neureichen abspielte, trägt laut Gericht „märchenhafte Züge“. Harksen sei damals ein „Habenichts“ gewesen, dem es gelungen sei, dieses Nichts „derart mit Leben zu füllen, dass es wie etwas sehr wertvolles erschien“. Das Märchen sei geprägt von Gier, der des Angeklagten nach „gesellschaftlicher Anerkennung“ und Wohlstand, der seiner Investoren nach Geld. Harksen habe seine Kunden als Freunde behandelt. „Wer in seiner Nähe war“, resümierte das Gericht, „hatte ein Hochgefühl.“
Mit dem Urteil lag das Gericht über der Forderung der Staatsanwaltschaft, die auf sechs Jahre Haft plädiert hatte. Der Wirtschaftsprüfer Dirk H., der Harksen fälschlich ein Vermögen von über einer Milliarde Mark bescheinigt hatte, bekommt eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren. Er sei eine „tragische Figur“, sagte der Richter, denn von den Honorarzahlungen, die ihm versprochen worden waren, hatte H. nie etwas gesehen. Auch Harksens Ehefrau kommt mit einer Bewährungsstrafe davon. Sie habe ihre Konten zur Verfügung gestellt, in Kenntnis „der zur Hochstapelei neigenden Natur ihres Mannes“. Sie habe es zumindest für möglich gehalten, dass das angebliche Investment ihres Mannes gar nicht existiert, aber „das sorgenlose Leben war ihr angenehm“.
Alle drei Angeklagten hatten vor Gericht Geständnisse abgelegt. Vor allem Harksen wurde das hoch angerechnet, denn „wenn man 15 Jahre mit einem Lügengebäude gelebt hat, ist es schwer zu sagen: Ich bin ein Betrüger.“ Auf seine Haftstrafe wird die Zeit angerechnet, die er in Kapstadt bereits im Gefängnis saß. Sein Urteil hat er sofort angenommen. Harksen erklärte zum Abschluss, er wolle „das Thema ein für alle Mal hinter mich bringen und ein neues Leben beginnen“.