Springender Punkt in tiefer Elbe

Widerspruchsfrist gegen die Planungen zur erneuten Ausbaggerung der Unterelbe ist abgelaufen. 5.850 Einwendungen liegen vor. Verhandlungen mit Niedersachsen über Deichschutz dauern an

VON SVEN-MICHAEL VEIT

Beschwerden werden nicht mehr entgegen genommen. Am Donnerstagabend endete die Frist, um Einwendungen gegen die geplante Elbvertiefung einzureichen. Vor sechs Wochen waren die überarbeiteten Planungen in den Städten und Gemeinden an der Unterelbe ausgelegt worden, etwa 650 Widersprüche sind jetzt nach offiziellen Angaben eingegangen. Bei der ersten Auslegung waren aber bereits rund 5.200 Einwendungen zusammengekommen. Alle zusammen werden nun im Frühjahr 2009 auf mehreren öffentlichen Erörterungstermine ausgewertet, versicherte gestern die Hamburger Wirtschaftsbehörde.

Bund und Hansestadt wollen für mehr als 360 Millionen Euro die Elbe bis zum Hamburger Hafen um einen Meter ausbaggern. Dadurch sollen auch die größten Containerfrachter mit einem Tiefgang bis 14,50 Meter den Hafen tideunabhängig anlaufen können. Nach Hamburgs Wünschen sollten die Bauarbeiten Ende 2009 beginnen und bis Mitte 2011 abgeschlossen sein.

Ein wesentliches Hindernis für die politische Zustimmung Niedersachsens ist aber noch nicht ausgeräumt. Bis in die Nacht verhandelten in Stade Vertreter aller beteiligten Stellen über die Unterhaltungskosten für mehrere Deiche. Der von der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes vorgelegte Vertrag sieht vor, dass der Bund die die Pflege der Deiche an der Elbe übernimmt. Das Land solle dafür die Unterhaltungskosten am Nebenfluss Oste übernehmen. Damit soll das Flickwerk von Zuständigkeiten zwischen Bund und Land beseitigt werden, zudem würden die Kosten für den Bund künftig höher und für Niedersachsen geringer.

Nach Ansicht von Hamburgs Wirtschaftssenator Axel Gedaschko (CDU) ist diese Vereinbarung „der springende Punkt“: Ohne die Zustimmung der Deichverbände und Landräte werde Hannover seine Bedenken nicht aufgeben, mutmaßt er. Mitte Oktober hatte Heinrich Reincke, Sonderbeauftragter für die Elbvertiefung in der Hamburger Senatskanzlei, sich da noch optimistischer gegeben: Nach Klärung einiger Details werde die Vereinbarung „bis zum 20. November“ vorliegen können, prophezeite er. Bei Redaktionsschluss war das noch nicht der Fall.

Zum Ende der Einwendungsfrist am Donnerstag haben mehrere Umweltschutzorganisationen ihre Kritik an dem Projekt erneuert. Vertreter des Naturschutzbundes (NABU) überreichten ihre schriftlichen Bedenken in der Hamburger Wirtschaftsbehörde. „Die Planungsänderung war vergeudete Zeit“, sagte Geschäftsführer Stephan Zirpel, es gebe „keine wesentliche Verbesserung“.

„Schlamperei“ warf wiederum die Umweltstiftung WWF den Behörden vor. Die massiven Schäden der Elbvertiefung von 1999 seien bis heute noch nicht kompensiert wurden. „Das gesetzlich vorgeschriebene Ausgleichsprogramm ist ein Desaster“, so WWF-Expertin Beatrice Claus. Als Folge habe sich der Sauerstoffhaushalt des Flusses verschlechtert, wichtige Flachwasserzonen und wertvolle Lebensräume für Fische seien verloren gegangen. Auch die Verschlickung der Nebenarme hätten die Behörden nicht in den Griff bekommen.

Die Vorsitzende des BUND Schleswig-Holstein, Sybille Macht-Baumgarten kritisierte, die verwendete Datenlage sei zum Teil fast zehn Jahre alt: „Aktuelle Erkenntnisse im realen Containerverkehr wurden offenbar ignoriert.“ Hamburgs BUND-Chef Manfred Braasch sagte wegen der „mangelhaften Unterlagen“ einen jahrelangen Rechtsstreit voraus: „Das ist ein peinliches Beispiel von Verkehrswegeplanung.“