Freidemokratischer Filz

Schulsenator Rudolf Lange will Parteifreundin zur Leiterin der Landeszentrale für politische Bildung machen. Mehrere qualifizierte BewerberInnen haben das Nachsehen. Heute berät die Deputation der Behörde über die pikante Personalie

von SVEN-MICHAEL VEIT

Eine umstrittene Personalentscheidung will Schulsenator Rudolf Lange (FDP) heute der Deputation seiner Behörde vorlegen: Die Leitung der Landeszentrale für politische Bildung soll nach seinem Willen Dr. Sabine Bamberger-Stemmann übernehmen. Die 42-Jährige hat sich in einem Ausschreibungsverfahren gegen 113 KonkurrentInnen durchgesetzt – und Kritiker argwöhnen, das liege nicht zuletzt an ihrem Parteibuch.

Und in der Tat ist der Historikerin eine gewisse Nähe zu führenden Hamburger Freidemokraten nicht abzusprechen. Bei den Wahlen zur Bezirksversammlung Eimsbüttel im September 2001 kandidierte sie auf Platz 2 der FDP-Liste – und wurde nur deshalb nicht Bezirksabgeordnete, weil die Eimsbüttler Liberalen an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterten. Zudem ist Bamberger-Stemmann Geschäftsführerin und Schriftführerin des „Bürgervereins Hoheluft-Großlokstedt von 1896 e. V.“, dessen Geschäftsstelle unter ihrer Privatadresse in Niendorf-Nord logiert. Vorsitzender des Vereins ist der langjährige Hamburger FDP-Bundestagsabgeordnete Rainer Funke.

Die Personalentscheidung trafen Senator Lange und sein Staatsrat Reinhard Behrens in der vorigen Woche nach persönlichen Gesprächen mit drei KandidatInnen. Auf Gegenwind in der Deputation, die bei allen wichtigen Personalien zu konsultieren ist, müssen sie sich gefasst machen. „Wir werden dem nicht zustimmen“, kündigt der SPD-Deputierte Christian Freitag an, der einzige, der in dieser Angelegenheit eine Lizenz zum Zitieren erteilt.

„Das riecht doch geradezu nach gelbem Filz“, mokiert sich ein anderer Eingeweihter. „Mehrere hervorragende Bewerbungen“ hätten vorgelegen, „mindestens zwei waren eindeutig höher qualifiziert als Bamberger-Stemmann“. Offenbar habe Lange von seinem Senatskollegen Ronald Schill gelernt.

In der Innenbehörde sollte voriges Jahr Schill-Fraktionssprecher Marc März Pressesprecher werden. Nach öffentlichen Protesten hatte Schills Referent Thomas Modell intern vorgeschlagen, zum Schein eine Ausschreibung vorzunehmen, die März gewinnen solle.

Die Historikerin Bamberger-Stemmann, die 1999 in Marburg/Lahn über osteuropäische Geschichte promovierte, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am „Institut für Kultur und Geschichte der Deutschen in Nordosteuropa e. V.“ in Lüneburg. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind ausweislich der Homepage der kurz „Nordost-Institut“ genannten Einrichtung „preußische Provinzen, deutsch-polnische Beziehungen, Minderheitenfragen in Osteuropa“. Das sei ja „alles gut und schön“, monieren die Kritiker, aber ohne das entsprechende Parteibuch „würde das nie und nimmer reichen“. In punkto „Bildung und Didaktik“ habe sie kaum Erfahrungen aufzuweisen.

Dennoch soll Bamberger-Stemmann nach dem Willen des Senators die Nachfolge von Helga Kutz-Bauer antreten, die Mitte Dezember vorigen Jahres in den Ruhestand trat. Seitdem ist die Landeszentrale führungslos, weil der Posten des Stellvertreters bereits seit anderthalb Jahren vakant ist.

Noch ein anderer Umstand sorgt derweil für Verstimmung. Die Landeszentrale, so heißt es ausdrücklich im offiziellen Behörden-Handbuch, „arbeitet auf überparteilicher Grundlage“. Unter früheren Senaten war es üblich, bei der Besetzung herausgehobener Leitungsfunktionen in öffentlichen Einrichtungen den politischen Konsens mit den Fraktionen in der Bürgerschaft zu suchen. Das aber hat Senator Lange gar nicht erst für erforderlich gehalten.