: geläufig Ist der Erbfeind verjagt?
„Tobies: Wie stehts denn am politischen Himmel, Herr Schulmeister? Was sagen die neuen Zeitungen? Hat der Grieche gewonnen? Ist der Erbfeind verjagt? Schulmeister: Die Aspekten sind nicht ungünstig. Der Hamburger Unparteiische hat schon wieder 30.000 Türken totgeschlagen, und der Nürnberger Korrespondent fährt unermüdlich fort, die griechischen Jungfrauen der edelsten Geschlechter zu notzüchtigen; auch flüstert man sich aus zuverlässigen Quellen in die Ohren, dass das auseinandergelaufene Heer des Ypsilanti am 25sten künftigen Monats in einer großen Bataille gesiegt hat.“ Dieses Zitat stammt aus dem Stück „Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung“ von Christian Dietrich Grabbe (1801–1836). Und es wird noch besser. Der Teufel kommt auf die Erde und die Gelehrten streiten sich, ein Dichter zweifelt und der Schulmeister säuft. Grabbe war ein großer Wüterich der deutschen Literatur und zugleich eines ihrer größten Genies, er war ein „besoffener Shakespeare“ (Heinrich Heine) und ein manischer Selbstbeleidiger. Bereits 1830 nahm er das absurde Theater vorweg und arbeitete zeitgleich an nahezu unaufführbaren Gigantendramen (über Hannibal, Hermann und Napoleon). Aber dies heute aufgeführte Stück ist zwar absurd, aber nicht unaufführbar. Es ist sogar höchst amüsant und kurzweilig, ohne in irgendwelche Plattitüden zu verfallen. Und auch nach über 170 Jahren (wie man am obigen Zitat ja erkennen kann) noch aktuell. Das soll dem Grabbe erst mal einer nachmachen. Ein lohnender Theaterabend. LAB
Theater Zerbrochene Fenster, 20.30 Uhr