piwik no script img

Archiv-Artikel

Konsensorientiert vertreiben

Schwarz-Schill macht weiter Bambule: Bürgermeister Ole von Beust (CDU) will jetzt auch BauwagenbewohnerInnen an der Gaußstraße räumen. Bezirk Altona fordert hingegen die Verlängerung des Pachtvertrages für den Platz in Ottensen

von SVEN-MICHAEL VEIT

Bürgermeister Ole von Beust (CDU) „zündelt am sozialen Frieden in der Stadt“, kritisiert Lars Andersen, GAL-Abgeordneter in der Bezirksversammlung Altona. Der Regierungschef hatte am Gründonnerstag angekündigt, den Bauwagenplatz in der Gaußstraße demnächst räumen zu lassen. Der Senat werde den BewohnerInnen der 44 Bauwagen „ein Wohnungsangebot machen“, sagte von Beust.

Gar nicht glücklich darüber ist auch der Altonaer FDP-Fraktionschef Martin Scharlach: „Sich jetzt ohne Not unter Zeitdruck setzen zu lassen, ist alles andere als produktiv.“ Zudem habe ihn „sehr ergrimmt“, dass im Vorfeld nicht mit dem Bezirk darüber gesprochen worden sei. Ohnehin sei er „als Abgeordneter nicht angetreten, Menschen zu sagen, wie sie leben und wie sie wohnen sollen“. Die Liberalen stellen zusammen mit CDU und Schill die Mehrheit in Altona, verfolgen aber in der Bauwagenfrage einen eigenständigen Kurs.

Nach den Worten von Beust habe der Senat das Bezirksamt Altona angewiesen, eine Vertragsverlängerung für den Platz Gaußstraße abzulehnen – und die Räumung zu betreiben, sollten die BewohnerInnen nicht freiwillig gehen. Eine solche Weisung „liegt im Bezirksamt nicht vor“, erklärte am Gründonnerstag dessen Sprecher Rainer Doleschall gegenüber der taz. Eine inhaltliche Stellungnahme lehnte er ab.

Für den Platz Gaußstraße gibt es eine vertragliche Vereinbarung, die bis zum Ende des Jahres befristet ist. Bis zum 30. Juni kann die Stadt eine Option auf Verlängerung bis Ende 2005 wahrnehmen. Dies zu tun, will der Bürgermeister nun dem Bezirksamt und der Bezirksversammlung, deren Hauptausschuss sich am 8. Mai mit dem Thema beschäftigt, untersagen.

Denn dort wird eindeutig eine Verlängerung für die Gaußstraße „mindestens bis Ende 2004“ favorisiert, auch für den Bauwagenplatz Rondenbarg wird eine Verlängerung über das Fristende 2004 hinaus empfohlen. So steht es in einem vertraulichen Eckpunkte-Papier des Bezirksamtes zur Bauwagenfrage, welches der taz hamburg vorliegt. Dort wird eine „friedliche, konsensorientierte und sozialverträgliche Regelung“ gefordert, „geeignete Wohnprojekte“ zu realisieren.

Da eine „größere Zahl“ der Betroffenen „nicht in der Lage sein wird, längere Zeit in Wohnungen zu leben“, müsse ihnen eine „Zukunftsperspektive“ ermöglicht werden. Notwendig dafür sei begleitend eine „befristete Ressourcenverstärkung“ im Bezirksamt unter anderem durch zwei Straßensozialarbeiter.

Mit einer Räumung des Platzes in Ottensen ist jedoch erst zu Beginn nächsten Jahres zu rechnen. Rechtsanwalt Andreas Beuth, einer der Verhandlungsführer der geräumten Bambule-Gruppe, geht davon aus, „dass auch die Gaußstraße nicht freiwillig gehen wird“. Und wenn die Behörden mit der Vertreibung aus der Gaußstraße drohten, habe der Senat wieder um die Weihnachtszeit mit Auseinandersetzungen und Demonstrationen in der Stadt zu rechnen.

Der Bürgermeister will dies offensichtlich in Kauf nehmen: „Da müssen wir dann alle zusammen durch.“