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Archiv-Artikel

Von Huckelriede an die Uno

Bremens Antwort auf die „Glokalisierung“: Thomas Faist bildet in seinem Hochschul-Studiengang Internationales Politikmanagement gelhaarige Studenten zu Politikberatern aus

„Nicht so dröge wie Politikwissenschaft an der Uni“, sagt ein Erstsemester

taz ■ Huckelriede, an einem Dienstagmorgen um acht Uhr cum tempore: Pünktlich hastet Professor Thomas Faist ins Seminar. Zwanzig Erstsemester warten auf den Chef des Studiengangs Internationales Politikmanagement an der Hochschule Bremen. Weil der Referent noch nicht da ist, wiederholt Faist eben den Stoff der letzten Stunde, die “Großtheorien der Internationalen Beziehungen“ – und sofort ist er mittendrin in der politischen Praxis, beim Irak, den „Schurkenstaaten“ und Somalia. Vieles in Huckelriede erinnert an den Schulunterricht: Die jungen Leute verbringen den Tag in einem starren „Klassenverband“, der Professor ruft jeden Studenten mit Namen auf – und auch das Verhalten mancher Jungmänner kennt man aus Pennälerzeiten: Der Student mit Gelhaar und Augenbrauenpiercing ganz hinten etwa vertieft sich, während vorne die Denkschule des Realismus verhandelt wird, in die Lektüre des Sportteils der Welt, ein anderer tippt unter der Bank eine SMS.

Thomas Faist – eleganter Dreiteiler, blau schillernde Krawatte und leicht süddeutscher Zungenschlag – kritzelt derweil mit authentisch wirkender Lust an der Lehre Kurven an die Tafel und fragt munter nach, bis selbst der Welt-Leser mitdiskutiert. Noch liegt Faists Professorenzimmer in einem hässlichen Container in Huckelriede, demnächst zieht er ins frisch renovierte Hochschulgebäude am Neustadtswall um.

Den Studiengang Politikmanagement gibt es seit dem Wintersemester 2001/2002 – Faist leistet damit in Deutschland Pionierarbeit. Er reagiere auf „einen wachsenden Bedarf an fundierter Politikberatung“, so der Professor. Seine Studenten sollen später „politikrelevante Arbeit in Organisationen begleiten“. Faist denkt dabei nicht nur an Parlamente und Ministerien, sondern auch an Verbände, Kirchen, Parteizentralen, Nicht-Regierungsorganisationen und – nicht zuletzt – an Privatunternehmen. Faist hat sich die „Glokalisierung“ auf die Fahnen geschrieben: Die Studenten sollen der Verbindung von Globalem und Lokalem auf vielen politischen Ebenen nachspüren.

Auf dem Stundenplan stehen politische Theorie, Empirie (also Ökonomie, Jura und so weiter) und „Praxis der Politik“ – dafür hat Faist externe Lehrbeauftragte gewinnen können. Der Studiengang sei „nicht so dröge wie Politikwissenschaft an der Uni“, sagt Michael Wittig, einer der Erstsemester. Man werde immer mit einbezogen, müsse sich keine reinen Vorlesungen anhören. Viel Wert legt man in Huckelriede auf die Präsentation, auf mündliche Referate. Alle sollen mindestens zwei Fremdsprachen sprechen: Ein Teil der Veranstaltungen findet auf Englisch statt. Zwischen 18 und 39 Jahre alt seien seine Kommilitonen, die meisten hätten bereits eine Ausbildung auf dem Buckel, erzählt Wittig.

Er ist Bankkaufmann, hat schon ein Praktikum bei der CDU in NRW gemacht. Traumjob? „Brüssel wär‘ natürlich toll“, sagt Wittig, „oder was bei der UNO – aber Berlin wäre auch schön“. Integriert in den auf acht Semester angelegten Studiengang ist ein Auslands- und ein praktisches Studiensemester. Derzeit gebe es eine „starke Affinität zu Indien“, berichtet Faist stolz – einige wollten in die deutsche Botschaft nach Neu Delhi. Bislang ist laut Studienordnung für die Studenten der Abschluss „Diplom-Politologe (FH)“ vorgesehen, doch der Professor tüftelt daran, in Zukunft auch einen „Master in Political Management“ vergeben zu können – nur mit dem komme man „in den Genuss des höheren Dienstes“. Markus Jox