: Aufmarsch gegen Krieg und Trend
Ostermarsch: 5000 Menschen marschieren durch Hamburg für den Frieden im Irak und anderswo: Angst vor weiteren US-Angriffskriegen. Heftige Kritik an Errichtung einer europäischen Eingreiftruppe unter deutscher Beteiligung
von KAI VON APPEN
„No War“, „Befreit Amerika“: 5000 Menschen – die Veranstalter sprechen sogar von 8000 TeilnehmerInnen – haben gestern in Hamburg auf dem Ostermarsch gegen den Irak-Krieg und gegen die von den USA angedrohten weiteren Angriffskriege auf Syrien, Nordkorea und den Iran demonstriert. Das Motto in diesem Jahr: „Nein zum Krieg! Frieden jetzt! Für Abrüstung und soziale Entwicklung weltweit.“
Mit der hohen TeilnehmerInnenzahl liegt Hamburg konträr zum bundesweiten Trend, da in den meisten Städten die Zahl der OstermarschiererInnen hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist. Die Hansestadt verzeichnete hingegen den größten Ostermarsch seit über 15 Jahren. Das liegt nach Meinung von Lühr Henken vom veranstaltenden Hamburger Forum daran, dass „die nächsten Kriege bereits angekündigt sind“, obwohl sich die USA mit ihrer „aggressiven Eroberungspolitik weltweit isoliert“ haben. Denn die Intention des Irak-Krieges sei offenkundig geworden: „Das Öl mit Panzern für die US-Konzerne zu sichern.“
Heftige Kritik richtet Henken auch an SPD-Bundeskanzler Gerhard Schröder. Deutschland habe sich zwar nicht aktiv am Irak-Krieg beteiligt. Wenn jedoch als Schlussfolgerung der zügige Aufbau einer „europäischen Eingreiftruppe“ gefordert wird, werde deutlich, dass der „globalen Kriegspolitik der USA“ nun europäische Machtinteressen entgegengestellt und durchgesetzt werden sollen. Der EU-Armee sollen vier Flugzeugträger, 17 Fregatten und 336 Kampfjets angehören, und Deutschland würde mit 18.000 Soldaten das größte Kontingent stellen, zählt Henken auf.
Daher gebe es zwischen der Politik der USA und der Bundesrepublik Parallelen: Außenpolitisch Stärke zu zeigen und im Land den Sozialabbau und die Repression zu forcieren. „Es gibt immer weniger, denen immer mehr gehört, und mehr, denen wenig gehört.“ In diesem Kontex ist nach Auffassung des Schauspielers und IG Medien-Aktivisten Rolf Becker auch der Protest von Hamburgs SchülerInnen zu sehen, „der zusammengeknüppelt worden ist“. Am 24. März hatten fast 30.000 SchülerInnen im Verlauf eines Schulstreiks gegen den Irak-Krieg demonstriert, die Demo war zum Teil von der Polizei mit Wasserwerfern und Schlagstöcken aufgerieben worden. „Der Protest richtete sich gegen eine Welt, die den jungen Menschen ihre Zukunft raubt“, sagte Becker auf der Abschlusskundgebung auf dem Fischmarkt. Denn schon der Krieg im Kosovo habe gezeigt: „Es geht um die Interessen einer kapitalistischen Welt unter der Führung der USA.“ Und mit der Mär, der moderne Krieg sei sauber, müsse aufgeräumt werden. „Beim modernen Krieg werden die Zentren des Lebens vernichtet.“
Bei einem Zwischenstopp des Protestzuges auf der Reeperbahn hatte Horst Bethge von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft zuvor das Engagement der Jugendlichen hervorgehoben: „Die Schüler sind hoch zu loben und haben bessere Noten verdient.“ Die Manifestation habe deutlich gemacht, dass Hamburgs SchülerInnen nicht politikverdrossen seien und nur an ihre Interessen denken würden: „Die kreativen Sprüche auf Englisch gegen die Bush-Administration haben gezeigt, dass sie Englisch gelernt haben.“
Für den altgedienten Friedenskämpfer Bethge ist es „ein Irrsinn“, was sich derzeit abspiele. Erst werde der Irak von den USA Irak für 99 Milliarden Dollar zerbombt, und jetzt soll er mit europäischer Hilfe unter deutscher Beteiligung wieder aufgebaut werden. Geld, das für eine Gesundheitsreform, Arbeitsbeschaffung oder Renten bessere Verwendung gefunden hätte.