: Reines Herz
Ganz zehspitzig durch die Tulpen: Im Theater unterm Dach wird dem großen Traumtänzer Tiny Tim gehuldigt
Man mag daran zweifeln, dass Gott seine schützende Hand über ihn gehalten hat. Oder doch? „God bless Tiny Tim“ nannte sich sein Debütalbum, das in den an musikalischer Wirrnis reichen Spätsechzigern weit oben steht in seiner Abgründigkeit. Also wirklich durchgeknallt in seiner Mischung aus Schlager, Filmmusikpsychedelik und altem Vaudeville-Singsang mit einer Fistelstimme. Dazu die Erscheinung von Tiny Tim, der damals die Vierzigermarke längst hinter sich gelassen hatte und trotzdem glaubhaft versicherte, immer noch ein Teenager zu sein. Der Kugelbauch sprengte jeden Frack. Und er spielte die Ukulele! Hemmungslose Chuzpe oder doch das reine Herzen eines großen Kindskopfs (eines sehr großen: 1,90, um genau zu sein)? Auch beim legendären Isle-of-Wight-Festival hatte er seinen Auftritt. Und wurde vergessen. Nun. Fast vergessen. Denn so einer, der schmutzige Worte nur buchstabierend in den Mund nehmen wollte, schreibt sich bei den Fans umso tiefer in die Herzen ein. Weswegen die respektvolle Verneigung vor dem vor fünf Jahren verstorbenen Sänger in dem etwas herzlos als Pop-Comedy angekündigten „Tiny Tim – Welcome to my dream“ eben doch wirklich eine Herzensangelegenheit ist. Schöne Chance auch, wieder dessen Lieder zu hören.