Es lebe das freie Spiel der Kräfte!

betr.: „Redakteure angefeuert“ (Ver.di-Chef Bsirske sichert streikenden Journalisten Unterstützung zu …), taz vom 14. 2. 04

Von wenigen Ausnahmen abgesehen, singen die Journalisten in den Wirtschaftsteilen der deutschen Tageszeitungen und den entsprechenden Radio- und Fernsehredaktionen seit Jahrzehnten das Hohelied des Neoliberalismus, der heilsamen Regulierungskräfte des Marktes, des Monetarismus und des Washington Consensus, preisen den Lohnverzicht, die Rentenkürzung und die mit dem eng geschnallten Gürtel erzielte Wespentaille als alternativlos.

Nun geht es auch ihnen an den Kragen. Und da soll das plötzlich nicht mehr gelten? Schließlich kann die Herausgeberseite dieselben Argumente ins Feld führen wie die Unternehmerverbände: sinkende Verkaufszahlen, schrumpfender Anzeigenmarkt, weniger Abonnements, gestiegene Kosten, größerer Konkurrenzdruck. Nee, ich habe einen besseren Vorschlag für Herrn Bsirske: Halbierung der Gehälter der Wirtschaftsjournalisten bei Erhöhung der Wochenarbeitszeit auf 50 Stunden und Verweis auf die lukrativen Nebenjobs in der Frittenbude, als Einkaufswagensortierer oder im Haushalt. Der Zuverdienst kann sinnvoll in die private Altersvorsorge investiert werden. Und die eingesparten Gehaltsanteile kommen den übrigen Redaktionsmitgliedern zugute. Es lebe das freie Spiel der Kräfte! JOCHEN SCHOLZ, Swisttal