Kunstrundgang
: Brigitte Werneburg schaut sich in den Galerien von Berlin um

Ich muss gestehen, ich gehöre zu Via Lewandowskys Claqueuren. Man kann mich also der Befangenheit zeihen. Indes habe ich ein besonderes Interesse, wissen zu wollen, was eigentlich aus der kurzen Tonaufnahme geworden ist, die zwischen Tür und Angel an der Kaffeetheke der taz entstand. Würde ich über meine Enttäuschung schweigen, fände ich die Soundinstallation nicht gelungen? Zum Glück ist das eine rein theoretische Überlegung. Denn der Weg ins Haus am Waldsee lohnt. Die bildende Kunst schweigt ja schon lange nicht mehr. Soundinstallationen sind gang und gäbe. Trotzdem ist der Applaus doch ein sehr spezifischer Sound, mit dem nur an ganz spezifischen Orten und bei spezifischen Gelegenheiten zu rechnen ist. Der Raum der bildenden Kunst gehört nicht dazu. Applaus beendet vielleicht die Eröffnungsansprache zu einer Ausstellung, aber die Ausstellung selbst erhält keinen Applaus.

Lewandowsky stellt im Haus am Waldsee nun aber ausgerechnet Applaus aus, über 96 Lautsprecherboxen in sämtlichen Räumen und Stockwerken. Mal tröpfelt der Beifall, den über 100 einsame Claqueure spendeten. Mal brandet er – von Bravos begleitet – in Lewandowskys Tonmischung heftig auf (ich selbst habe bei meinem einsamen Klatschen ganz unwillkürlich Bravo gerufen, dass machte es leichter, zu applaudieren), bevor er dann wieder abschwillt und verklingt. In diesem Moment kommt man nicht umhin, diesen Beifall Via Lewandowsky und seiner Installation selbst zuzurechnen. Und die Soundinstallation als ihren eigenen Kommentar und ihre eigene Kritik wahrzunehmen. Als ihre eigene Affirmation und als Ausdruck der Begeisterung, den der bildende Künstler nicht kennt. Vielleicht ist er ergreifender als ein Auktionsrekord im sechs- oder siebenstelligen Bereich? Und es bleibt die Frage: Wie rühmt man einen Künstler eigentlich am besten?

Bis 28. Dezember, Via Lewandowsky, Applaus, Haus am Waldsee, Argentinische Allee 30, tägl. 11–18 Uhr