: Alte Konflikte in Südafrika brechen neu auf
In der Provinz KwaZulu/Natal häuft sich politische Gewalt zwischen dem ANC und der lokalen Regierungspartei Inkatha
JOHANNESBURG taz ■ In der südafrikanischen Provinz KwaZulu/Natal häufen sich im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen im kommenden April gewaltsame Auseinandersetzungen. Immer öfter kommt es in der Hochburg der Zulu-Partei IFP (Inkatha-Freiheitspartei), historischer Gegner des in Südafrika regierenden ANC (Afrikanischer Nationalkongress), zu politisch motivierten Gewaltaktionen. Bisherige Bilanz: 15 Tote.
Gestern wollten die verfeindeten Parteien in der Provinzhauptstadt Durban einen von Südafrikas Wahlkommission vorgelegten Verhaltenskodex unterzeichnen und sich zum Frieden verpflichten. Die Wahlkommission will ein Sonderteam für Konfliktprävention in die Provinz schicken, die Provinzführer von IFP und ANC gehen schon immer gemeinsam in die Problemgebiete und predigen gegen Gewalt. Die Polizei ist in Alarmbereitschaft versetzt worden, doch gibt es derzeit keinen Polizeichef für die Provinz.
KwaZulu/Natal ist die letzte Provinz Südafrikas, in der der ANC noch nicht regiert. Die IFP war während der blutigen Jahre vor Ende der Apartheid 1994 Gegner des ANC, der die Autorität der traditionellen Zulu-Häuptlinge herausforderte. Das weiße Regime schürte die Gewalt zwischen Schwarzen und unterstützte heimlich die IFP. Zwischen 1983 und 1996 starben bei Kämpfen zwischen IFP und ANC in der Provinz 25.000 Menschen.
Die vergifteten Beziehungen zwischen beiden Parteien sind geblieben, obwohl der IFP nach den ersten allgemeinen Wahlen 1994 in die Regierung zusammen mit dem ANC eintrat und ihr Führer, Chief Mangosuthu Buthelezi, Südafrikas Innenminister wurde. Bis heute gibt es Gebiete in der Provinz, in denen sich Gegner Inkathas besser nicht blicken lassen. Die Sicherheitskräfte sind oft beteiligt, wenn es zu Gewalt kommt. Und die Motive bleiben etwa die gleichen wie früher: Neben parteipolitischen Machtkämpfen geht es um die Umverteilung von Land und die Rolle der traditionellen Häuptlinge.
Neu ist diesmal die Koalition der IFP auf Provinzebene mit der größten Oppositionspartei Südafrikas, der „Demokratischen Allianz“ (DA), hervorgegangen aus den liberalen weißen Gegnern der Apartheid. 2002 lud die IFP die DA in ihre Provinzregierung ein und gab ihr die Ministerien für Wirtschaft und Wohnungsbau. Die DA hatte zuvor in einer großen Werbekampagne Zulauf aus der ehemaligen Regierungspartei der Apartheid erhalten, der NNP (Neue Nationalpartei).
Seit es per Gesetz gewählten Amtsträgern in Südafrika erlaubt ist, die Partei zu wechseln, ohne ihr Mandat zu verlieren, ist ein parteipolitisches Hauen und Stechen ausgebrochen. NNP-Mandatsträger, auf DA-Listen gewählt, wollen wieder zurück ins eigene Lager; der ANC erhält Zulauf aus der IFP. Die protestierte gegen das Überläufertum, unterlag aber vor einem Jahr vor dem Verfassungsgericht. Im März 2003 unterzeichnete Präsident Thabo Mbeki eine Gesetzesänderung, die zwei weitere Wechselfristen für Amtsträger auf Provinz- und Landesebene zuließ. Auf diese Weise hat der ANC inzwischen die Zweidrittelmehrheit im südafrikanischen Parlament bekommen und dominiert jetzt die Koalition mit der NNP in der Westkap-Provinz um Kapstadt. Nur KwaZulu/Natal entzieht sich bisher dem Zugriff des ANC, der daher dort besonders intensiv Wahlkampf führen will und seinen offiziellen Wahlkampfauftakt dort abhielt.
Um die zunehmende ANC-Dominanz landesweit zu schmälern, haben die Oppositionsparteien IFP und DA ein Bündnis namens „Koalition für den Wandel“ geschmiedet. Aber auch darin gibt es bereits Risse. IFP-Parteiführer Buthelezi unterstützt beispielsweise eine Forderung der extremen Rechten, per Volksentscheid die Wiedereinführung der Todesstrafe zu ermöglichen. Die DA lehnt das ab.
MARTINA SCHWIKOWSKI