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Archiv-Artikel

Braunwerden in der Provence mit Le Pen

Der Chef von Frankreichs rechtsextremer „Front National“ will bei den Regionalwahlen im März in der Provence antreten. Oder will er eigentlich gar nicht? Erst seit ihm wegen Formfehlern der Ausschluss droht, läuft sein Wahlkampf wie geschmiert

Le Pen schafft es, auf die Titelseiten zu kommen. Wie 2002 bei der Präsidentschaftswahl

AUS PARIS DOROTHEA HAHN

Jean-Marie Le Pen, der 75-jährige Chef der französischen Rechtsextremen, hat es wieder einmal geschafft: Er spielt die Lieblingsrolle. Er ist Märtyrer. Er gibt das Opfer des „Establishments“. Und er beschreibt sich als Zielscheibe eines „Komplotts“. Das alles, weiß er, ist an „allerhöchster Stelle“ organisiert.

Anlass für Le Pens neue Selbstinszenierung sind dieses Mal die Regionalwahlen in Frankreich. Bei diesem Urnengang am 21. und 28. März will er die Liste seiner rechtsextremen „Front National“ in der Mittelmeerregion „Provence-Alpes-Côte d’Azur“ (Paca) anführen. Das sagt er zumindest. Tatsächlich jedoch hat er alles getan, was nötig ist, um als Kandidat abgelehnt zu werden: Sein Name steht nicht auf den regionalen Wählerlisten, er hat dort keinen Wohnsitz und er zahlt dort keine Steuern. An der Adresse, die Le Pen als Wohnsitz in Paca angibt, befindet sich lediglich ein Parteilokal seiner „Front National“.

Auf dieser Grundlage haben bereits mehrere Behörden Le Pens Kandidatur abgelehnt: das Finanzamt, ein Verwaltungsgericht und in dieser Woche auch der Präfekt Christian Frémont. Le Pen hat jetzt noch bis zum Ende des Monats Gelegenheit, mit neuen Dokumenten zu beweisen, dass er doch in Paca lebt. Er könnte beispielsweise einen anderen Wohnsitz in der Region aus dem Hut zaubern oder ein auf seinen Namen angemeldetes Unternehmen.

Doch es ist fraglich, ob Le Pen das überhaupt will. Der Mann, der seit vier Jahrzehnten in der Politik aktiv ist, kennt die Spielregeln. Er weiß, dass bei lokalen und regionalen Wahlen ein Wohnsitz vor Ort vonnöten ist. Es wäre ihm ein Leichtes gewesen, rechtzeitig aus der Pariser Region nach Paca überzusiedeln. Der Milliardär Le Pen hätte es sich auch finanziell erlauben können, persönlich die Gemeindesteuern für sein Kampagnenlokal in Paca zu entrichten, statt diese Zahlung der „Front National“ zu überlassen.

Stattdessen nutzt er seit Anfang Februar jede neue Ablehnung seiner Kandidatur, um die Medien zusammenzutrommeln und laut aufzuschreien. Bei diesen Pressekonferenzen erinnert Le Pen daran, dass er bei den Präsidentschaftswahlen 1995 mehr als 4,5 Millionen Wählerstimmen bekommen hat, und dass er 2002 der zweitstärkste Kandidat war. „Wenn ich die Liste nicht anführen könnte, wäre das ein Skandal“, zürnt er und warnt: „Ein großer Teil der Öffentlichkeit empfindet Sympathie mit einem Opfer von Verfolgung.“

Die Strategie funktioniert. Le Pen schafft es, auf die Titelseiten der Medien zu kommen. Genau wie 2002, als er behauptete, er bekomme nicht genügend „Patenschaftsunterschriften“, um Präsidentschaftskandidat zu werden, und er dafür ebenfalls „Druck aus dem Élysée-Palast“ verantwortlich machte. Schon jene Komplotttheorie verschaffte Le Pen zahlreiche Schlagzeilen. Am Ende präsentierte er doch deutlich mehr als die nötigen 500 Unterstützer-Unterschriften von gewählten Mandatsträgern beim Staatsrat.

Die Demoskopen sagen Le Pen bei den Regionalwahlen wieder einen Erfolg voraus. Nicht zuletzt hat dafür die Themensetzung der rechten Mehrheit gesorgt: Während des Streites um das „Kopftuchgesetz“ und der Verurteilung von UMP-Chef Alain Juppé zu 18 Monaten Gefängnis wegen Korruption brauchten die Rechtsextremen nur abzuwarten. Schließlich lauten ihre Hauptwahlkampfthemen: Immigration und Korruption.

Paca ist ein Stammland der französischen Rechtsextremen. Dort hatte die „Front National“ in den 90er-Jahren auch mehrere Rathäuser erobert. Dennoch stehen die Wahlchancen für Le Pen schlechter als erwartet. Es sieht eher so aus, als würde die Wahl im Süden zu einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Sozialdemokraten und Konservativen. Dennoch hat Le Pen bereits einen Triumph davongetragen: Alle reden nur von ihm.