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Archiv-Artikel

Arche Noah für Tiere und Pflanzen

Ein Netz von Naturparks soll den Artenschwund stoppen, so der sich abzeichnende Beschluss der Artenschutzkonferenz

BERLIN taz ■ Woran misst man den Erfolg einer internationalen Konferenz? Erwartet man rechtlich bindende Beschlüsse, war die siebte UN-Vertragsstaatenkonferenz zur Biodiversität in Malaysia sicher eine Enttäuschung. Misst man den Erfolg an der Ambition der Beschlüsse, und der möglichen Dynamik, die sie entfalten, könnte die Konferenz dagegen ein großer Erfolg werden. Denn in Kuala Lumpur einigten sich gestern die Verhandlungsgruppen auf ein Programm, nach dem bereits bis 2010 ein weltweites Netz von Naturschutzgebieten errichtet werden soll, um den Artenschwund endlich einzudämmen. Zusätzlich soll eine internationale Arbeitsgruppe eingerichtet werden, die die Unter-Schutz-Stellung anleitet, koordiniert und gegebenenfalls auch überprüft.

Im Vergleich zu früheren Programmen ist dieser Beschluss „sehr ambitioniert“, urteilte gestern Martin Kaiser, der für Greenpeace Deutschland die Verhandlungen in Kuala Lumpur begleitete. Auch wenn der Beschluss nicht verbindlich ausfalle, gebe es „eine breite Willensbekundung der Staaten, das umsetzen zu wollen“. Auch der deutsche Delegationsleiter Jochen Flasbarth sprach von einem „ehrgeizigen Programm“.

Die Einigung kam unter Beteiligung der Minister zustande, die bis Donnerstag in Kuala Lumpur weilten. Allerdings musste die Einigung gestern am späten Abend nach Abreise der Spitzenpolitiker noch vom Plenum der Konferenz offiziell bestätigt werden. Möglich, wenn auch unwahrscheinlich, dass dabei der ausgehandelte Kompromiss letztlich doch noch etwas aufgeweicht wurde.

Zwei Wochen tagten in Kuala Lumpur 2.000 Delegierte aus 180 Ländern. Die zentrale Aufgabe: Wie lässt sich das Aussterben von jährlich geschätzt mehr als 60.000 Tier- und Pfanzenarten bremsen. Die Entwicklungsländer fürchten, der Naturschutz könne ihre Entwicklung behindern. Die Industrieländer setzen dagegen, dass Naturparks dauerhafte Einnahmen für die Bewohner schaffen statt kurzfristiger Profite durch Raubbau.

Doch das weltweite Naturnetz kostet Geld. Beim Geld haben sich vor allem die großen Geberländer der Globalen Umwelt Faszilität (GEF) auch diesmal wieder gesperrt. Aus dem UN-Topf werden neben dem Artenschutz auch die UN-Klima- und die Wüstenkonventionen finanziert. Nach Schätzungen der Umweltschützer wären jährlich 20 Milliarden Euro für den Artenschutz nötig – hundert Mal mehr, als das GEF bislang zahlt.

Höhere Zahlungen der EU hat vorwiegend Großbritannien blockiert. Und auch Deutschand konnte nicht aus einem Guss verhandeln: Zwar verkündete Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) in Kuala Lumpur immer wieder, wie wichtig Naturschutznetze seien. Ob Deutschland dafür mehr Mittel bereitstellt, entscheidet aber Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD). Doch die legt ihren Schwerpunkt auf Armutsbekämpfung und Gesundheit.

Zu den ungeklärten Finanzen kommt hinzu, dass die Schutzgebiete dort, wo sie am dringendsten nötig wären, nicht immer gewünscht sind. Brasilien etwa sperrte sich lange gegen weitere Schutzgebiete. Trotzdem war es am Ende die brasilianische Umweltministerin Marina Silva, die die Blockade der Entwicklungsländer aufbrach. Brasilien trat als Verhandlungsführer der Entwicklungsländer auf. Während die Delegation zunächst eher destruktiv agierte, änderte sich das mit dem Eintreffen Silvas – nach Einschätzung der Umweltverbände auch durch den Einsatz von Umweltminister Trittin, der in Fragen der erneuerbaren Energien bereits mehrfach mit Silva zusammengetroffen ist.

K. EVERS, M. URBACH