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Archiv-Artikel

AKWS: UM MEHR SICHERHEIT KANN DIE BUNDESREGIERUNG NUR BETTELN Minister Machtlos

Seit eine Studie der Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) den mangelhaften Schutz der deutschen Atomkraftwerke vor einem gezielten, herbeigeführten Flugzeugabsturz festgestellt hat, befindet sich der Bundesminister für Umwelt und Reaktorsicherheit in einer Zwickmühle. Einerseits hat Jürgen Trittin für die Sicherheit der Meiler zu sorgen. Die Länder, die die AKWs überwachen, werden nur in seinem Auftrag tätig. Andererseits haben Trittin und die gesamte Bundesregierung den großen Energieversorgern im Atomkonsens faktisch einen Betrieb ihrer Anlagen ohne störende staatliche Kontrolle garantiert. Die einzig wirksame Drohung, mit der man den Betreibern früher zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen abringen konnte, existiert damit nicht mehr.

Mit vorübergehender oder vorzeitiger Stilllegung will der Umweltminister nicht mehr drohen und kann es auch kaum, ohne einen Aufstand der Stromkonzerne beim Kanzler zu riskieren. Da wird gerade noch über Anlagen zur Erzeugung künstlichen Nebels debattiert. Doch in Wahrheit passiert an den deutschen AKWs nichts, obwohl das GRS-Gutachten seit beinahe eineinhalb Jahren auf dem Tisch liegt. Demnach droht bei einem Angriff mit einem großen Passagierflugzeug auf die Mehrzahl der Reaktoren ein zweites Tschernobyl. Die fünf ältesten Reaktoren sind selbst gegen Angriffe mit kleinen Flugzeugen nicht gesichert.

Der Vorschlag des Präsidenten des Bundesamtes für Strahlenschutz, die fünf ältesten Reaktoren schnell vom Netz zu nehmen und das ihnen zustehende Stromkontingent auf moderne Reaktoren zu übertragen, steht im Einklang mit dem Atomkonsens. Wolfram König will seinem Minister aus der Zwickmühle helfen. Er appelliert an die Betreiber. Doch ist zu befürchten, dass sein Appell wirkungslos verhallt. Technisch gibt es zudem Möglichkeiten, Passagierflugzeuge von AKWs fern zu halten. Man kann die Reaktoren mit einer Kette von hohen Betonpfeilern oder mit einer zweiten Kuppel abschirmen. Nur: Ohne Druck vom Minister für Reaktorsicherheit werden die Betreiber ihre Taschen geschlossen halten. JÜRGEN VOGES