: Langzeitstudenten müssen zahlen
Der Senat stellt Einnahmen von zehn Millionen Euro in den Haushalt ein. Millionen, die das Studienkontenmodell des PDS-Wissenschaftssenators einbringen soll. Dieses wird damit wahrscheinlicher, obwohl es in der PDS viele Kritiker hat
Die Wahrscheinlichkeit steigt, dass Langzeitstudenten ab dem Sommersemester 2005 Gebühren zahlen müssen. Der Senat beschloss gestern, 10 Millionen Euro Einnahmen aus dem Studienkontenmodell von Wissenschaftssenator Thomas Flierl (PDS) im Haushaltsentwurf zu berücksichtigen. Flierls Modell soll zum Sommersemester 2005 eingeführt werden. Um dann schnell Einnahmen zu schaffen, gibt es für eingeschriebene Studierende eine Neuerung: Wer länger als 15 Semester dabei ist, müsste für jedes weitere Semester 500 Euro zahlen. Der Senat geht von rund 25.000 Studenten aus, die davon betroffen wären. Das entspräche einem Fünftel aller Berliner Studierenden.
Mit dem Beschluss hat sich der Senat auf das Studienkontenmodell des Wissenschaftssenators eingelassen, das dieser im Sommer 2003 vorgeschlagen hatte. Seitdem steht auch die Summe von 10 Millionen Euro im Haushaltsentwurf – bis gestern nur als Luftbuchung. Der Hauptausschuss hatte Senator Flierl beauftragt darzulegen, wie er diesen Betrag einzunehmen gedenkt. Dem kam Flierl nach.
Er schlägt in seinem Modell ein Punkteguthaben für Studienanfänger vor. Dieses soll in Vorlesungen und Seminaren aufgebraucht werden und reicht für ein Masterstudium mit einem Puffer von zwanzig Prozent. Rechnerisch können Studenten damit bis zu 24 Semester kostenlos studieren. Danach müssen Punkte nachgekauft werden.
Bis dieses Modell greift, werden Langzeitstudenten semesterweise zur Kasse gebeten.
Bisher fehlt dem Wissenschaftssenator noch die Zustimmung seiner Partei. Die PDS will erst auf ihrem Landesparteitag am 4. April über die Einführung von Studienkonten abstimmen. Die SPD-Mitglieder haben bereits für Gebühren votiert. Doch erst nach einem Beschluss des kleineren Koalitionspartners kann das Studienkontenmodell auch umgesetzt werden.
Zu den prominentesten Gegnern innerhalb der PDS gehört der wissenschaftspolitische Sprecher der Fraktion, Benjamin Hoff. Er will in dem Senatsbeschluss noch keine Vorentscheidung für den Parteitag sehen: „Es gibt noch genügend politischen Willen, anders zu verfahren“, sagte Hoff. Wie die PDS-interne Entscheidung aussehen wird, wagte er nicht zu prognostizieren. Auf einer PDS-Konferenz zu Studienkonten vor einer Woche konnten sich die Gegner behaupten.
Aus Abgeordnetenkreisen verlautete indessen, dass bereits an einem Gesetzentwurf für Studienkonten gearbeitet werde. Das Verbot von Studiengebühren, das im Berliner Hochschulgesetz und im rot-roten Koalitionsvertrag steht, würde damit fallen. „Die Novellierung würde dann im Sommer verabschiedet werden“, sagte Flierls Sprecher Thorsten Wöhlert.
Mit Hilfe der Konten will Flierl Studiengebühren für ein Erststudium verhindern. Studentenvertreter bezeichnen diese indessen als „Disziplinierungsinstrument“. „Mit dem Senatsbeschluss wird deutlich, wozu es dient: Es geht nicht darum, die Universitäten zu verbessern, sondern Druck auf die Studenten auszuüben“, sagte der Sprecher des ReferentInnenrates der Humboldt-Universität, Peter Hartig. Fliers neuer Staatsekretär Hans-Gerhard Husung befürwortet Gebühren für Langzeitstudenten. Das Studium sei eine Phase, keine Lebensführung, sagte er.
ANNA LEHMANN
interview SEITE 23