die steile these : Der fantastische Faschist
Mit „Stauffenberg“ beschwört die ARD heute Abend einen Gründungsmythos der Bundesrepubik. Aber was wäre wohl gewesen, wenn …
Wenn am 20. Juli 1944 der Führer in seinem Hauptquartier gestorben wäre, dann … tja, was dann? Wie das Schlagwort von der „Stunde null“ 1945 einen totalen Neuanfang suggeriert, wo in Wirklichkeit fatale Kontinuität herrschte, so lehrt uns der ARD-„Stauffenberg“: Es war nicht leicht, es gab ein richtiges Leben im falschen, Opa war okay, die Geste zählt.
Am 2. August 1944 schimpfte der britische Premier Winston Churchill, bei dem Attentat habe es sich lediglich „um Ausrottungskämpfe unter den Würdenträgern des Dritten Reiches“ gehandelt. Und tatsächlich steht im Entwurf einer Regierungserklärung der Verschwörer: „Aber noch ist Krieg. In ihm gebührt unser aller Arbeit, Opfer und Liebe den Männern, die das Vaterland verteidigen. … und dass wir diesen Krieg fernerhin mit reinen Händen, in Anstand, mit der Ehrenhaftigkeit, die jeden braven Soldaten auszeichnet, führen werden“. Stauffenbergs letzte Worte waren: „Es lebe das heilige Deutschland.“ Und der preußische Finanzminister Johannes Popitz, als Finanz- und Kulturminister vorgesehen, blieb zeitlebens Antisemit.
Den Westmächten mochten selbst integre Figuren wie Marion Gräfin Dönhoff nie verzeihen, dass sie den moderaten Nationalpatrioten im NS-Regime nicht beisprangen: „Vermutlich wollte Churchill nicht nur Hitler erledigen, sondern ein für alle Mal die Macht der Deutschen brechen.“ Was denn sonst?
Nach dem Krieg urteilte Winston Churchill milde, der 20. Juli gehöre „zum Edelsten und Größten, was in der politischen Geschichte aller Völker hervorgebracht wurde“. Da war die Macht des „heiligen Deutschland“ gottlob gebrochen.
Wenn also am 20. Juli 1944 der Führer in seinem Hauptquartier gestorben wäre, dann … tja, was dann? Die Vorstellung einer strammen Diktatur nach dem Vorbild des spanischen Faschisten Franco bis hinein in die 60er-Jahre gehört noch zu den glücklicheren Varianten – und ist so abwegig nicht, hält man sich die bleierne Ära Adenauer vor Augen. Der wurde unlängst zu „unserem Besten“ gewählt. Von den Zuschauern des ZDF. FRA