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Archiv-Artikel

Platz nur für Reiche

taz liegen Protokolle der Kita-Lenkungsgruppe vor: „Steuerung durch Verteuerung“ der Elternbeiträge und eine Standardsenkung um 10 Prozent

von KAIJA KUTTER

Die Sache ist recht durchsichtig: Obwohl der Abschlussbericht der Kita-Lenkungsgruppe für Ende Januar angekündigt war, liegt er bis heute nicht vor. „Er ist nicht fertig. Das soll in wenigen Wochen geschehen“, erklärte gestern Alexander Luckow von der federführenden Bildungsbehörde. „Die lassen sich viel Zeit, weil sie unangenehme Botschaften haben“, unkt dagegen SPD-Politiker Thomas Böwer.

Der taz liegen nun sechs Protokolle der Lenkungsgruppe vom 21. November bis 7. Januar vor, die aufzeigen, worüber so kurz vor der Wahl nicht geredet werden soll – und die übrigens bis zuletzt den 17. Januar als Termin für den Endbericht nennen. Wie ein roter Faden zieht sich die Erhöhung der Elternbeiträge durch die Papiere. Die mit dem Thema beauftragte „Arbeitsgruppe 4“ schlägt im Protokoll vom 6. Januar eine „Steuerung durch Verteuerung“ vor: Elternbeiträge sollen auf Grund von „Prozentsätzen der Kostensätze“ errechnet werden. Eine „starke Spreizung“ soll zwischen vier- und sechsstündiger Betreuung erfolgen. Erheblich teurer sollen auch die Krippenplätze werden, um so ein „Anreizsystem“ für Tagesmütter zu erreichen. Dies soll als „neue Art von Beitragsgerechtigkeit“ verkauft werden, heißt aber in der Praxis, dass nur Wohlhabende sich Krippen- und Ganztagsplätze leisten können.

Ebenfalls geliebäugelt wird mit einer Kündigung der Verträge mit den Kita-Trägern zum Jahresende. Bereits zum 30. Juni sollen 27 Stellen für „Koordination- und Fachberatung“ bei den Trägern gestrichen werden. Hier soll es aber vor Abschluß der Lenkungsgruppe „keine Bekanntgabe“ geben. Die Standards, etwa das Verhältnis von Betreuerstunden pro Kind, sollen auf den Schnitt von Umlandgemeinden und größeren Städten gesenkt werden; erwähnt, aber nicht beschlossen, wird eine Senkung um 10 Prozent. Auf der zu verhandelnden Liste steht auch eine „Eigenbeteiligung“ der Träger und die Streichung der 3,4 Millionen Euro Übergangshilfen für Hauswirtschaftskräfte.

Aufschlussreich sind auch die im Protokoll vom 28. November beigefügten „Szenarien 2004“. Demnach hätten ohne Ole von Beusts Millionenspritze schon zum 1. Januar 3.400 Kinder die Kitas verlassen müssen. Denn obwohl der Anteil der billigeren Halbtagsplätze von ehemals 40 auf 60 Prozent steigt, blieb nur Geld für 48.000 Kinder, weil allein hier 18 Millionen fehlten.

Die Unternehmensberatung Ramböll präsentierte fünf „Szenarien“, wie bei der Vergabe von Gutscheinen für wartende Berufstätige verfahren werden solle. Ole von Beust entschied sich für die billigste Variante: Sie vertröstet Krippenkinder auf die Tagespflege, ohne allerdings, wie von Ramböll empfohlen, wenigstens dafür mehr Geld bereitzustellen. Hier wird der Vorjahres-Etat von 11,8 Millionen Euro um keinen Cent erhöht.