piwik no script img

Archiv-Artikel

Am Thema EU scheiden sich die Geister

Timur Husein, Chef der Jungen Union in Friedrichshain-Kreuzberg, hält das Nein zum EU-Beitritt für richtig

Die klar ablehnende Haltung der Unionsspitze zu einem EU-Beitritt der Türkei stößt unter türkischstämmigen CDUlern in Berlin durchaus auf unterschiedliche Reaktionen. Beitrittsbefürwortern wie dem Ortsverbandschef Sedat Samuray (siehe Interview) steht etwa die Haltung von Timur Husein entgegen, Kreisvorsitzender der Jungen Union in Friedrichshain-Kreuzberg. Der stützt die ablehnende Haltung von Merkel und Stoiber.

Es stimme zwar, dass Istanbul moderner sei als türkisch geprägte Teile Kreuzbergs, sagt der 23-jährige Jurastudent Husein, der 1997 der Jungen Union und der CDU beitrat. Doch beschränke sich dieser Eindruck auf die großen Städte: „Anatolien ist noch weit vom europäischen Zivilisationsniveau entfernt.“ Zu immens seien die Unterschiede, zu groß wäre der Zuwachs mit fast genauso viel Menschen wie in allen zehn Beitrittsländern dieses Jahres zusammen.

Zur Zahl der Türkischstämmigen in der Berliner CDU gibt es nur eine ungefähre Angabe. Auf 150 bis 200 schätzt sie Parteisprecher Matthias Wambach, bei 13.600 Mitgliedern. Bei SPD und Grünen liegen solche Schätzungen nicht vor. Sedat Samuray, CDU-Vorsitzender am Chamissoplatz, ist nach Wambachs Kenntnis der einzige Türkischstämmige unter den rund 100 Ortsverbandschefs. Das Deutsch-Türkische Forum des Landesverbands gebe es außer in Berlin nur in Nordrhein-Westfalen als offiziellen CDU-Arbeitskreis.

In Erinnerung ist vor diesem Hintergrund noch der Parteitag Mai 2002, der die Union erneuern sollte. Beschwörend empfahl der gerade zum Parteivize wiedergewählte CDU-Stadtrat Dieter Hapel, doch die empfohlenen Beisitzer in den Vorstand zu wählen – inklusive der beiden türkischstämmigen Bewerber. Gewählt wurden sie tatsächlich. Doch wer kassierte die schlechtesten Ergebnisse? Die Türkischstämmigen. Eine der beiden, Emine Demirbüken, die langjährige Ausländerbeauftragte in Tempelhof-Schöneberg, urteilte trotzdem auch eineinhalb Jahre später: Die Union sei ein Ort, wo Muslime richtig seien.

Was die Vertretung im Abgeordnetenhaus angeht, bieten die anderen Parteien ihnen allerdings mehr Platz. Bei der SPD stammen von 44 Parlamentariern zwei aus der Türkei, bei der PDS zwei von 33, bei den Grünen einer von 14. Bei der CDU-Fraktion wie bei den Liberalen: keiner.

STEFAN ALBERTI