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Archiv-Artikel

Gebühren spalten Genossen

Der Streit über geplante Studienkonten zieht sich quer durch die PDS. Die Gegner der Studiengebühren sehen sich durch den Senatsbeschluss jetzt unter Druck gesetzt

Ein Riss geht durch die PDS. „Die Stimmung ist ziemlich mies“, sagt Renate Herranen, Parteitagsdelegierte aus Reinickendorf. „Offenbar wurde schon eine Entscheidung über Studienkonten gefällt, dabei haben wir einen Parteitag, der das beschließen soll.“ Der Senat stimmte dem Kontenmodell von PDS-Wissenschaftsenator Thomas Flierl gestern zu und plante damit Gebühren für Langzeitstudenten im Haushalt ein. Doch die PDS-Basis hat diesen Bruch mit Parteiprogramm und Koalitionsvertrag noch nicht abgenickt. Eine Entscheidung soll auf dem Landesparteitag am 4. April fallen.

Senator Thomas Flierl will den Beschluss nur als Berechnungsgrundlage verstanden wissen. In einem Rundschreiben beteuert er, dass weder über Einführung von Konten noch Gebühren entschieden worden sei. Auch die Parteispitze teilt diese Sicht. Der stellvertretende Vorsitzende des Landesverbandes, Klaus Lederer, sagt: „Der Senatsbeschluss bedeutet noch gar nichts. Entschieden wird auf dem Parteitag.“

Sollte dieser dem Kontenmodell die Zustimmung verweigern, sehe er die Koalition nicht in Gefahr: „Die SPD versucht die Stimmung natürlich aufzuheizen, doch bisher konnten die Partner immer ganz gelassen mit Entscheidungen der anderen Partei umgehen.“

Lederer ist gegen Konten, genauso wie der wissenschaftspolitische Sprecher Benjamin Hoff und die Vorsitzende des Bezirksverbandes Lichtenberg, Gesine Lötzsch. Die Hürden für die Gegner, sich auf dem Parteitag durchzusetzen, seien größer geworden, meint Hoff. Lötzsch beobachtet, dass nicht wenige Mitglieder Gebühren für Langzeitstudenten begrüßten. „In der DDR wurde in vier, fünf Jahren studiert. Es gibt wenig Verständnis für Langzeitstudenten.“ Die Entscheidung werde davon abhängen, wie der Parteitag verlaufe und ob sich die Studenten überzeugend positionieren könnten. Das ist ihnen nach Ansicht vieler Genossen auf der vorbereitenden Hochschulkonferenz nicht gelungen.

Sollte sich die Partei für Gebühren und Konten entscheiden, dann hätte das auch Signalwirkung für die in diesem Jahr stattfindenden Wahlen in Brandenburg, Thüringen und für die Europawahl, sagt Bundesjugendreferent Dominique Heilig. Er befürchtet, dass viele Wähler vor den Kopf gestoßen würden. Die Delegierte Harrane bekräftigt: „Die PDS wäre dann nicht mehr wählbar. Und das zu Recht.“

ANNA LEHMANN