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Archiv-Artikel

Ausgangssperre für die Szene

„Tanz in den Mai“-Aktionen verliefen in Hamburg ohne die vom Verfassungsschutz prophezeiten Krawalle. Stattdessen gab es Katz-und-Maus-Spiel und 91 Festnahmen

Mit einer Quasi-Ausgangssperre für scheinbare Schill-Gegner hat die Polizei am Vorabend des 1. Mai St. Pauli und Ottensen in den Ausnahmezustand versetzt. 1200 PolizistInnen machten Jagd auf szeneverdächtige Kleinstgruppe und nahm 91 Personen präventiv fest. Der Verkehr kam auf dem Kiez weitgehend zum Erliegen. Die vom Verfassungsschutz angekündigten Krawalle auf der Basis von Internet-Auswertungen blieben aus.

Den Verfassungs- und den Staatsschutz der Polizei hatten offenkundig eine „Spaßguerilla-Aktion“ in Ottensen im Zusammenhang mit einer Aktion in Angst und Schrecken versetzt. Dort hatten Mitte der Woche Unbekannte Flugblätter mit dem Kopf der Stadtreinigung verteilt, auf denen zu einer „außerordentlichen Sperrmüllaktion“ aufgerufen worden ist. Die Sicherheitsbehörden hatten dies als einen Aufruf zum Barrikadenbau interpretiert und deshalb im Vorfeld mit schwereren Auseinandersetzungen gerechnet.

Am Vorabend des 1. Mai versammelten sich dann auch tatsächlich 300 Menschen auf dem Ottenser Alma-Wartenberg-Platz, die unter dem Motto „Walpurgisnacht – Anti-Streichkonzert“ in den Mai feiern wollten. Aufgrund des polizeilichen Belagerungszustandes löste sich die Versammlung jedoch vorzeitig auf.

Danach begann ein Katz-und-Maus-Spiel. Jede kleine Gruppe wurde von der Polizei verfolgt, gestoppt, umzingelt und dann mit Platzverweisen belegt. Wer den Anweisungen nicht sofort folgte, wurde kurzerhand festgenommen. Lediglich auf der Reeperbahn kam es noch mal zu einer kurzen Demo von 300 Personen, die ebenfalls sofort von starken Einheiten in Richtung Hafenstraße abgedrängt wurde. An der Balduintreppe kam es gegen 1.30 Uhr noch zu einem kurzen Geplänkel und weiteren Festnahmen, nachdem ein Reporter durch einen Flaschenwurf leicht verletzt worden war.

Gegenüber der NDR Hamburg Welle räumte Polizeipräsident Udo Nagel ein, dass die Polizei die Order hatte, schon auf „niedriger Eingreifschwelle“ zu agieren. Jeder, der äußerlich szeneverdächtig aussah, sei attackiert worden, um „Krawalle schon im Ansatz zu verhindern“.KAI VON APPEN