piwik no script img

Archiv-Artikel

Kein Rosengarten am Fischmarkt

Morgen trifft Kanzler und SPD-Vorsitzender Gerhard Schröder seine norddeutsche Basis in der Fischauktionshalle. Von den Gewerkschaften wird er keine Blumen bekommen. Sein Generalsekretär und Hamburger SPD-Chef Olaf Scholz auch nicht

von SVEN-MICHAEL VEIT

Alle werden sie da sein, wenn er kommt. Heide Simonis und Henning Scherf, die beiden SPD-RegierungschefInnen aus Schleswig-Holstein und Bremen, sind morgen Abend in der Fischauktionshalle anwesend, wenn Bundeskanzler und SPD-Vorsitzender Gerhard Schröder den 800 SPD-Delegierten aus vier norddeutschen Ländern ab 19 Uhr von der Notwendigkeit dessen zu überzeugen versucht, was er Sozialreformen nennt (weitere Berichte Seiten 1 und 3). Und Hamburgs Parteichef Olaf Scholz darf sogar eine Rede halten, immerhin ist er als SPD-Generalsekretär einer der wichtigsten Vertrauten des Chefs.

Und die Bürgerschaftsfraktion der Hamburger SPD erhält sogar Ausgang. Nahezu vollständig wird sie vertreten sein, die zeitgleich stattfindende Sitzung des Landesparlaments wird eigens dafür vorfristig beendet (siehe Text rechts).

Vor Ort werden aber auch sämtliche norddeutschen Gewerkschaftsfürsten sein, und die werden dem Kanzler „keine Rosen mitbringen“, wie aus der DGB-Zentrale am Besenbinderhof verlautet. Zwar gebe es „keinen von oben verordneten Protest“, sagt Hamburgs DGB-Chef Erhard Pumm, aber zumindest vor die Halle dürfe ja wohl kommen, wer möchte: „Das ist ein öffentlicher Platz, und dies ist eine Demokratie“, befindet Pumm, der nebenberuflich SPD-Bürgerschaftsabgeordneter ist.

In der öffentlichen Aussprache nach der Kanzler-Rede gedenkt er denn auch das Wort zu ergreifen, und Pumm wird dabei nicht alleine sein. Mit Frank Teichmüller, Chef der IG Metall, und ver.di-Boss Wolfgang Rose werden ihm die beiden mächtigsten Gewerkschaftsvorsitzenden im Norden hilfreich zur Seite stehen.

Dass der heikle Disput zwischen Kanzler-SPD und Arbeitnehmerorganisationen über Schröders Agenda 2010 bis dahin entschärft sein wird, glaubt auch Scholz nicht. „Differenzen muss man aushalten können“, dämpfte er gestern überzogene Erwartungen vor dem heutigen gemeinsamen Frühstück von Schröder und Michael Sommer, dem DGB-Bundesvorsitzenden.

Auch von des Kanzlers Treffen mit den Bundeschefs aller großen Einzelgewerkschaften am heutigen Nachmittag verspricht sich Scholz keine Lösung der „Grundsatzfrage“, ob der viel beschworene „Umbau des Sozialstaates“ nun „notwendig“ oder doch nur „ein Sozialabbau“ ist. Über solchen „nicht auflösbaren Dissens“ müsse zur Not eben munter weiter gestritten werden.

Als nächstes morgen Abend in Hamburg. Auf dem Fischmarkt, nicht in einem Rosengarten.