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Archiv-Artikel

Kunst als Sprache für Folteropfer

Eine Ausstellung in St. Gereon zeigt die Arbeiten einer Kunsttherapiegruppe des Kölner Therapiezentrums für Folteropfer. Dessen Arbeit ist wegen Finanznot akut gefährdet

Köln taz ■ „Ich bleib immer ich.“ Der Titel des Gedichts von Ingeborg Bachmann gab einer Ausstellung den Namen, die das Kölner Therapiezentrum für Folteropfer in St. Gereon in der Kölner Innenstadt zeigt. „Identität ist für Folteropfer ein sehr wichtiges Thema“, erklärte Astrid von Törne, psychologische Leiterin der ausstellenden Kunsttherapiegruppe gestern bei der Vorstellung des Projekts. Und warum macht man mit solchen Menschen Kunsttherapie? Für Schwersttraumatisierte sei dies oft die einzige Möglichkeit, ihre Erlebnisse aufzuarbeiten, die sie nur schwer in Worte fassen könnten: weil sie sie verdrängt hätten, sich schämten oder Schuldgefühle hätten. Von Törne: „Kunst ist da wie eine neue Sprache.“

Seit 15 Jahren bietet das Zentrum traumatisierten Flüchtlingen Kunsttherapie an. Doch womöglich nicht mehr lange: Die Caritas als Träger des Zentrums kann das jährliche Defizit von 30- bis 50.000 Euro nicht mehr aufbringen, erklärte Pfarrer Franz Decker, Leiter des Kölner Caritasverbands, auch wenn ein Großteil des Haushalts über Zuschüsse von Bistum, EU und UN-Flüchtlingshilfe bestritten wird. Ein erstes Opfer der Finanznot wurde der künstlerische Leiter der Kunsttherapie, der seine Arbeit bereits eingestellt hat. Bislang macht eine der beiden Gruppen ohne ihn weiter, aber die Mädchen-Gruppe musste ihre Treffen bereits einstellen.

Auch sonst bangt das Therapiezentrum, das im vergangenen Jahr 530 „Fälle“ sozial betreut hat und 210 Menschen eine psychotherapeutische Behandlung ermöglichte, ums Überleben. Die Kölner Caritas hat daher einen Spendenaufruf speziell für das Therapiezentrum gestartet, der „noch diese Woche“ an die Kölner Haushalte verteilt werden soll. Susanne Gannott

„Ich bleib immer ich“: noch bis 8.3. in St. Gereon in der Bastei (Gereonsdriesch 2-4), und 9.-22.3. in Maria im Kapitol (Marienplatz 19)