: Unter Doppeldruck
Gewerkschafter und Arbeitgeber belagern Kanzler Schröder vor seinem Spitzengespräch mit dem DGB
BERLIN rtr/dpa ■ Kurz vor einem Treffen von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) mit der Spitze des DGB haben führende Gewerkschafter ihre Kritik am Reformkurs der Bundesregierung bekräftigt. Die Arbeitgeber warnten die Regierung dagegen vor einem Kurswechsel bei den Sozialreformen. Die stellvertretende Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Margret Mönig-Raane, sagte am Montag, Schröders Agenda 2010 führe in die falsche Richtung: „Das alles bringt uns nicht nach vorne. Deswegen ist es nicht nur nicht hilfreich, sondern kontraproduktiv, diesen Kurs fortzusetzen.“
DGB-Chef Michael Sommer, der am Abend mit weiteren DGB-Spitzenvertretern im Kanzleramt mit Schröder zusammentreffen sollte, kritisierte die Reformen als „Gift für Konjunktur und Arbeitsmarkt“. Er wolle die Rücknahme der Zumutbarkeitsregeln für Langzeitarbeitslose, einen Schutz von Arbeitszeitkonten und die Einführung der Ausbildungsplatzabgabe einfordern.
Die Gewerkschaften kritisieren den Reformkurs der Regierung seit Monaten als sozial ungerecht. Sie wollen ihren Kritik mit Großdemonstrationen am 3. April und am 1. Mai unterstreichen, die Schröder nach der Wahlniederlage von Hamburg und angesichts anstehender Wahlen besonders ungelegen kommen dürften. Die Gewerkschaften hatten bereits im vorigen Jahr gegen die Reformen mobilisiert, mussten den Widerstand aber mangels Beteiligung der Basis einstellen. Ermutigt durch die angekündigte Neuverteilung der Macht an der SPD-Spitze von Schröder zu Fraktionschef Franz Müntefering unternehmen sie mit dem Treffen am Montag einen neuen Versuch. Müntefering wird allerdings nicht dabei sein und hat wie Schröder Korrekturen am Reformkurs ausgeschlossen.
Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt warnte gestern: „Eine Umkehr wäre für die weitere Entwicklung der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes in Deutschland verheerend.“ Er könne Schröder „nur auffordern, derartigen Interessen nicht nachzugeben“. Er sehe „mit Sorge, dass ein Reformstopp droht, teilweise sogar eine Reformumkehr“, sagte Hundt. Er mahnte ein höheres Reformtempo an.