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Archiv-Artikel

Indianer statt Häuptlinge

Verwaltungsreform in Niedersachsen: Von bislang 490 Behörden sollen im kommenden Jahr 119 wegfallen. SPD: „Schäbiger Umgang mit Beschäftigten“

Hannover taz ■ Beamter möchte man in Niedersachsen nicht sein – durch die Verwaltungsreform werden bis 2007 in Niedersachsen 6.700 Stellen wegfallen. „Die Zahl der Häuptlinge wird reduziert, aber Indianer sind nach wie vor da“, sagte Innenminister Uwe Schünemann (CDU) gestern bei der Vorstellung seines Konzepts, das „ein Novum in Deutschland“ darstelle. Von bislang 490 Behörden im Land sollen 119 wegfallen und dafür 21 neu entstehen. Auf der Streichliste befinden sich: das Niedersächsische Landesamt für Ökologie, die 28 Forstämter, 17 Polizeiinspektionen, 24 Katasterbehörden und elf Ämter für Agrarstruktur. Viele „Doppelstrukturen“ würden abgeschafft, sagte Schünemann.

So wird es künftig eine einzige Landesarchivverwaltung geben, Vermessungs- und Katasterverwaltung, Flurbereinigung und Dorferneuerung werden fusioniert. Auch die Bezirksregierungen in Hannover, Braunschweig, Oldenburg und Lüneburg sollen ab Januar 2005 aufgelöst werden. Diese zweite Verwaltungsebene wird jedoch nicht, wie stets von Schünemann angekündigt, ersatzlos gestrichen: Anstelle der Bezirksregierungen wird es demnächst vier neue „Regierungsbüros“ mit Scharnierfunktion zwischen Kommunen und Landesregierung geben. „Das sind schlanke Ansprechpartner“ für die regionale Entwicklung, sagte der Minister.

Allein bei der Forstverwaltung fallen 500 Stellen weg. „Das heißt nicht, dass die Leute da nichts geleistet haben“, sagte Staatssekretär Wolfgang Meyerding, der im vergangenen Jahr die Reform erarbeitet hatte. Vielmehr seien so viele Förster im Landesdienst nicht mehr nötig. Meyerding trocken: „Es gibt Maschinen“.

Nicht nur Ämter, auch Aufgaben sollen wegfallen, damit es in Zukunft „schnellere Genehmigungsverfahren in Niedersachsen“ gibt, sagte Schünemann. Von insgesamt 740 untersuchten Aufgaben hält Staatssekretär Meyerding 400 für „entbehrlich“ – allein das spart 1.350 Stellen. Ersatzlos wegfallen soll so die „Wohnungsfürsorge für Landesbedienstete“. Ein Teil der Landesaufgaben soll auch auf die Kommunen abgewälzt werden: Sie sollen Flächennutzungspläne genehmigen, Naturschutzgebiete ausweisen oder Wilderer verfolgen. Möglichst sollten Betroffene „vor Ort weiterbeschäftigt“ werden, sagte Schünemann. Eine neue Job-Börse wird Beschäftigungsmöglichkeiten für „überflüssige“ Mitarbeiter suchen. Wer über 55 Jahre alt sei, gelte „als nicht mehr vermittelbar“ und könne in den Ruhestand gehen, sagte Meyerding.

Das sei ein „schäbiger Umgang mit den Beschäftigten“, kritisierte SPD-Innenexperte Heiner Bartling. Es sei „unverantwortlich“, noch „keinen Gedanken an die Frage verschwendet zu haben, wie viele Mitarbeiter versetzt werden“ müssen. Der grüne Fraktionsvize Hans-Albert Lennartz, sagte, noch sei völlig „unklar, ob und wie die Kommunen den Weg der Aufgabenübernahme mitgehen“.Kai Schöneberg